Pflegehelfern droht Abschiebung - Heim in Wilstedt die Schließung

Stand: 13.11.2024 21:35 Uhr

Weil ihre Asylanträge abgelehnt wurden, droht zehn Pflegehelfern eines Heims in Wilstedt (Landkreis Rotenburg) die Abschiebung nach Kolumbien. Das Haus müsste dann schließen, warnt die Heimleitung.

Die von der Heimleitung befürchtete Rückführung noch in dieser Woche scheint indes vom Tisch. "Nach unseren Informationen sind für morgen keine Abschiebungen von kolumbianischen Staatsbürgern aus Niedersachsen geplant", teilte ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums am Mittwoch mit. Damit widersprach das Ministerium den Darstellungen der Pflegeheimleitung, die sich am Dienstag an die Öffentlichkeit gewandt hatte: Demnach droht den zehn Pflegehelferinnen und Pflegerhelfern aus Kolumbien bereits am Donnerstag die Abschiebung und dem Heim damit das Aus.

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Offener Brief an Politik: "Wir werden nicht ruhen"

Mit einem offenen Brief hatten sich die Heimleiter Andrea und Tino Wohlmacher sowie Angehörige der Bewohnerinnen und Bewohner am Dienstag an die Landes- und Bundespolitik gewandt. Der Brief ist unter anderem an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) adressiert und liegt dem NDR Niedersachsen vor. In dem Schreiben verlangen die Unterzeichner, die Abschiebungen auszusetzen. "Wir werden nicht ruhen, bis die Pflegekräfte eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erhalten", heißt es. Sollten die zehn Pflegehelferinnen und Pflegehelfer nach Kolumbien abgeschoben werden, verliert das Heim nach eigenen Angaben ein Drittel seiner Pflegekräfte, dem "Haus Wilstedt" würde die Schließung drohen.

Bewohner könnten in Psychiatrie eingewiesen werden

Sollte es dazu kommen, befürchten die Angehörigen, dass die 48 demenzkranken Bewohnerinnen und Bewohner auf weit entfernte Einrichtungen aufgeteilt werden. Jede gravierende Änderung im Leben Demenzkranker sei für sie ein großes Problem, heißt es in dem Brief weiter. "Möglicherweise müssen sie in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen werden, um Verhaltensauffälligkeiten medikamentös wieder zu regulieren." Da würden die Bewohnerinnen und Bewohner aber nicht hingehören.

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Offener Brief: Asylanträge der Pflegekräfte wurden abgelehnt

Die kolumbianischen Pflegerinnen und Pfleger haben nach Angaben der Heimleitung Asylanträge gestellt und diese ausreichend begründet. Eine Pflegerin sei beispielsweise vor Schutzgeldforderungen an ihre Familie geflohen. Zudem lebten die Beschäftigten in Mietwohnungen, engagierten sich beruflich und in Vereinen und ihre Kinder gingen zur Schule, teilte das Pflegeheim weiter mit. Allerdings wurden die Asylanträge laut offenem Brief abgelehnt.

Anerkennungsquote für Asylanträge aus Kolumbien: 0,6 Prozent

Nach Angaben des Ministeriumssprechers betrage die Anerkennungsquote von Asylbewerbern aus Kolumbien etwa 0,6 Prozent. Ein sogenannter "Spurwechsel" sei nicht möglich. "Wenn Sie einen Asylantrag stellen und dieser abgelehnt wird, haben Sie nicht die Möglichkeit, in die Fachkräftezuwanderung zu wechseln. Dieser Spurwechsel ist gesetzlich nicht möglich, er ist nicht erlaubt, er ist ausgeschlossen." Der Landkreis Rotenburg allerdings hat mitgeteilt, dass es sich bei den Kolumbianern nicht um Fachkräfte, sondern um "ungelernte Hilfskräfte" handelt - zumindest also um Arbeitskräfte, die nicht nach deutschen Standards ausgebildet sind. Und ob dann die Möglichkeit jenes Spurwechsels nicht ohnehin ausgeschlossen wäre.

Ministerium: "Das falsche Tor nach Deutschland"

Laut geltendem Einwanderungsrecht können sich Asylbewerber, die zum Stichtag 29. März 2023 im Asylverfahren waren und bereits hier arbeiten, um einen Daueraufenthalt als Fachkräfte bewerben. Dies gelte jedoch nur für Personen, die ihren Asylantrag rechtzeitig zurückgezogen hätten, sagte der Ministeriumssprecher. Die kolumbianischen Pflegekräfte hätten "schlicht das falsche Tor nach Deutschland" gewählt. Den zehn Betroffenen bleibe als letzter Ausweg, sich an die Härtefallkommission des Landes Niedersachsen zu wenden.

Heimleiter rechnet nicht damit, neues Personal zu finden

"Es ist absolut unverständlich, warum Menschen, die so gut integriert sind, hier Steuern zahlen und das Sozialsystem stützen, abgeschoben werden sollen", so Einrichtungsleiter Tino Wohlmacher. Wegen des Pflegenotstands rechne er nicht damit, neues Personal zu finden. Wohlmacher ist der Ansicht, dass seine aus Kolumbien stammenden Pflegekräfte einen "wertvollen Beitrag" für die Gesellschaft leisten. "Die Landesregierung und Bundesminister sind gefordert, hier schnell einzugreifen und zu helfen."

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