Seltener Nachwuchs: Weißstorch hat Küken mit Schwarzstörchin
Sie sind ein ungleiches und bisher wohl auch einmaliges Storchenpaar: Weißstorch "Heinrich" hat eine Neue. Mit einer Schwarzstörchin setzte er in seinem Horst im Landkreis Uelzen Junge in die Welt.
"Die Laune der Natur hat hier komplett zugeschlagen", sagt Niedersachsens ehrenamtlicher Schwarzstorchbetreuer, Arne Torkler, über das Paar. Er ist aber auch skeptisch: "Trotzdem macht man sich natürlich Gedanken, so soll es nicht sein. Der Schwarzstorch gehört für mich in den Wald und nicht auf den Mast, um dann Hybriden auszubrüten." Es könnte sein, dass der Nachwuchs unfruchtbar ist. Das aber zeige sich frühestens in drei Jahren.
Storchenpaar versorgt zwei Junge
Die Eltern jedenfalls kümmern sich um ihre Jungen. Etwa ein Kilo Nahrung braucht jedes Storchenkind pro Tag. Der Weißstorch füttert Heuschrecken und Mäuse, die Schwarzstörchin sucht in Bächen nach Fischen. Welches Geschlecht der noch namenlose Nachwuchs hat, ist noch unklar. Der Horst am Ortsrand von Lüder (Landkreis Uelzen) ist der Sommersitz von "Heinrich". Schon seit 2019 nistet der Weißstorch hier, eigentlich mit "Ilse". Auch in diesem Frühling hatte er alles für die Ankunft seiner Artgenossin vorbereitet. Doch dann kam die Schwarzstörchin.
Ungewöhnliche Partnerwahl des Weißstorchs
"In dieser Form ist mir das aus Deutschland nicht bekannt, dass es eine Verpaarung dieser beiden Arten gegeben hat", sagt Torkler. Das Paar sei zwar durchaus eine Sensation, könnte aber auch ein Hinweis darauf sein, dass etwas mit der Schwarzstorch-Population in Niedersachsen nicht in Ordnung sei. Vielleicht betreffe das auffällige Paar-Verhalten aber auch nur diese eine Störchin. Weil das Tier keinen Ring trägt, sei bisher unklar, wo sie herkommt. Torkler glaubt sie dennoch zu kennen: Es sei wahrscheinlich jenes Weibchen, das bereits in den vergangenen Jahren mit eher atypischem Verhalten aufgefallen sei. Torkler erklärt: "Weil es immer wieder versucht hat, mit Weißstörchen Kontakt aufzunehmen an Nestern - teilweise auch relativ aggressiv - aber immer erfolglos. Ich gehe davon aus, dass es dasselbe Weibchen ist, das sich hier jetzt angesiedelt hat."
Weniger Schwarzstörche in Niedersachsen
Insgesamt nehme die Population der Schwarzstörche in Niedersachsen stetig ab, sagt Torkler. Wie ihr Name verrät, unterscheiden sich Schwarzstörche durch ein dunkles Federkleid. Außerdem sind sie kleiner als Weißstörche. Doch nicht nur optisch, auch in ihrer Lebensweise gibt es eindeutige Unterschiede: Als Kulturflüchter lebt der Schwarzstorch in einsamen Wäldern, brütet auf Bäumen und sucht seine Nahrung in Bächen. Während der Weißstorch ein Kulturfolger und meistens auf Wiesen anzutreffen ist.
Was, wenn die Weißstörchin zurückkommt?
Offenbar hatte das Paar in seinem Nest genügend Ruhe, um zu brüten. Dazu nämlich hatte Waldemar Golnik vom NABU Uelzen aufgerufen. In der vierwöchigen Brutzeit könnten Menschen die Störche stören. Doch es gibt noch eine andere Gefahr: "Falls 'Ilse', das reguläre Weibchen, doch noch auftauchen sollte, könnte es zu einer starken Auseinandersetzung zwischen den Weibchen kommen, bei der die kleinere Schwarzstörchin schlechte Chancen hätte."