Stand: 06.08.2018 08:38 Uhr

Bleckede: Vorreiter beim Schutz vor Starkregen

von Lars Gröning

Sonne, Hitze, Trockenheit und das seit Wochen - die Menschen in Norddeutschland erleben einen extremen Sommer. Ganz anders war das Wetterextrem im vergangenen Jahr, mit besonders viel Regen. Beides sind Phänomene des sogenannten Klimawandels. Darüber sind sich die Wissenschaftler einig und erwarten, dass diese auffälligen Wetterkapriolen immer zahlreicher auftreten. Auch sehr starke Regenfälle gehören dazu. Immer häufiger richten sie Schäden an, etwa an Häusern und Autos oder auch am Entwässerungssystem der Städte. Die Stadt Bleckede im Landkreis Lüneburg hat jetzt einen ganz eigenen Weg gefunden, um sich besser davor zu schützen.

Jens Böther, Bürgermeister von Bleckede und Markus Groth, Wissenschaftler und Klimaexperte am Helmholtz Zentrum. © NDR Foto: Lars Gröning / NDR
Jens Böther (l.), Bürgermeister von Bleckede, freut sich über die Zusammenarbeit mit Markus Groth, Wissenschaftler und Klimaexperte am Helmholtz Zentrum.

Bleckedes Bürgermeister Jens Böther steht an der Haustür von Ruth Niedergall. Sie wohnt in einem typischen Gebiet aus Einfamilienhäusern in Bleckede. Neben ihnen steht Markus Groth. Der Wissenschaftler ist Klimaexperte am Geesthachter Helmholtz Zentrum. Die Männer verteilen Flyer mit Ratschlägen, wie Bürger bei Starkregen ihr Haus schützen können und welche Versicherungen helfen. Jens Böther fragt an der Haustür neugierig nach: "Hatten Sie schon mal Probleme mit Wasser hier auf der Industriestraße?" Ruth Niedergall lacht nur und will ihm gleich Beweise aus ihrem Fotoalbum zeigen. Allein 2017 standen die Straßen in dem Wohngebiet nach Starkregenfällen gleich mehrfach unter Wasser - bis zu 20 Zentimeter hoch.

Große Schäden durch Starkregen

Auch Bleckedes Feuerwehrsprecher Carsten Schmidt erinnert sich. "Im letzten Jahr waren die Feuerwehren mehrfach alarmiert. Bei den Starkregenereignissen geht es meistens um überflutete Keller, die Gullys sind teilweise verstopft und müssen geöffnet werden. Auch Industrieanlagen und Betriebe sind betroffen." Mehrere Tausend Euro Schaden waren die Folge. Um dies so gut es geht zu vermeiden, ging die Stadt vor zwei Jahren ein Forschungsprojekt mit dem Climate Service Center des Helmholtz Zentrums ein. Mithilfe von Luftbildern haben die Wissenschaftler zuerst die Stadt vermessen. Die Stadtverwaltung half den Klimaexperten mit Zahlen und Daten aus den Bauämtern.

Einzigartiges Projekt in Deutschland

Das Ergebnis der am Computer errechneten Wassermengen bei Starkregen. © NDR Foto: Lars Gröning / NDR
Das Computermodell hat errechnet, wo sich bei Starkregen besonders viel Wasser ansammelt. In den blauen Bereichen (bis auf die Elbe oben rechts) gäbe es Überschwemmungen.

Im nächsten Schritt wurden Bürger befragt, was sie bei den Starkregenfällen im letzten Jahr in ihren Straßen beobachtet hatten. Aus den Informationen wurde am Computer ein Modell von Bleckede errechnet - einzigartig in Deutschland. "Da wurde das Stadtgebiet der Stadt Bleckede mit einem digitalen Geländemodell nachgebaut. Und dann haben wir 60 Liter Wasser pro Quadratmeter in den Computer, ich sage mal, laufen lassen. Dann haben wir geschaut, wie das Ganze im Computermodell fließt, wo es sich ansammelt und Probleme geben kann", erklärt Markus Groth.

Auch Städteplanung und Feuerwehr profitieren

Für die Stadt Bleckede ist das Computermodell ein wichtiges Werkzeug. Jens Böther ist beeindruckt, wie das Modell die Problemzonen der Stadt aufzeigt: "Es zeigte uns Bereiche, die wir ahnten, aber wir bekamen auch den einen oder anderen Hinweis auf Bereiche, die wir gar nicht so im Blick hatten", beschreibt er. Dazu gehört auch ein Wohngebiet, das gerade erst in Planung ist. Die Stadt Bleckede will das Areal nun besser schützen. Außerdem sollen bestehende Entwässerungsgräben und Rohrleitungen der Stadt nach den Computermodellerkenntnissen optimiert werden, ebenso die Einsatzpläne der Feuerwehr.

Der Abflussgraben "Bruchwedder" in Bleckede. © NDR Foto: Lars Gröning / NDR
Dieser Abflussgraben in Bleckede, namens Bruchwedder, musste schon immer frei gehalten werden, damit er das Regenwasser aus der Stadt transportieren kann.
Vorbild für andere Kommunen

Um sich vor Starkregenfolgen besser zu schützen, entstand schließlich auch die Idee mit den Flyern. Der Bürgermeister ist überzeugt davon, dass alle gemeinsam lernen müssen - die Planer, die Kommunen und auch die Bürger. "Insofern müssen wir auch daran arbeiten, dass diese Gefahr auch bei den Leuten noch mehr ins Bewusstsein kommt. Und diese Aktion, die wir hier jetzt gerade gestartet haben mit den Flyern, kann da gut zu beitragen", findet er. Der Umgang der Stadt Bleckede mit dem Phänomen Starkregen könne auch ein Vorbild für andere Kommunen sein, sagt Markus Groth. "Also es muss vielleicht nicht für jede Stadt eine Simulation gemacht werden. Aber es kann eine gute Grundlage für jede andere Stadt sein, einmal zu prüfen, wie anfällig sie eigentlich für die Folgen von Starkregen ist." Das Modell sei eine gute Vorbereitung auf extreme Wetterereignisse. Als Folge des Klimawandels würden diese in Zukunft immer häufiger auftreten und auch immer mehr Niederschlag mit sich bringen.

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Illustration: Zwei Hände umfassen eine Glühbirne © NDR

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 06.08.2018 | 08:38 Uhr

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