Fake-Honig im Supermarkt: Niedersächsische Imker unter Druck
Imker aus Niedersachsen bleiben auf ihrem Honig sitzen, während billiger Honig aus dem Ausland den Markt beherrscht. Eine neue Analyse zeigt, dass bis zu 80 Prozent des Honigs in den Supermärkten gefälscht ist.
"Normal ist das nicht", sagt Berufsimker Oliver Löwe. In seiner Lagerhalle in Gödenstorf (Landkreis Harburg) türmen sich über 200 blaue Fässer mit verschiedenen Honigsorten. Er betreibt eine der zehn größten Imkereien in Deutschland. Im vergangenen Jahr haben seine 1.200 Bienenvölker über 70 Tonnen Honig zusammengetragen.
Einen Teil seiner Ernte füllt Oliver Löwe mit seinem Team selbst in Gläser, den Rest verkauft er an große Abfüllbetriebe. In diesem Jahr war das aber keine Option für ihn: "Heute habe ich ein Angebot vom Abfüller erhalten: 1,70 Euro statt fünf bis sechs Euro für das Kilo Honig. Das deckt nicht einmal die Entstehungskosten. Es macht bald mehr Sinn, den Honig in die Elbe zu kippen, statt weiter zu imkern. Bei den Preisen kann man einfach nicht existieren."
Heimische Imker bleiben auf ihrer Ernte sitzen
Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2023 rund 64.400 Tonnen Honig aus dem Ausland nach Deutschland eingeführt. Der größte Teil der Lieferungen für den deutschen Markt kam dabei aus der Ukraine, Argentinien und Mexiko. Obwohl nur knapp halb so viel im selben Zeitraum von heimischen Imkern geerntet wurde, werden die deutschen Imker ihren Honig nicht mehr los. Die Konkurrenz ist einfach billiger. Aber wie kann der Honig aus dem Ausland so billig sein? Löwe ist sich sicher: "Meiner Meinung nach muss da irgendwas gefälscht sein oder betrogen werden."
Neue DNA-Analyse bestätigt: Betrug mit Honig im großen Stil
Eine harte Anschuldigung, die zu stimmen scheint. Im vergangenen Jahr hat der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund 30 Honigproben aus deutschen Supermärkten zur Analyse nach Estland geschickt. Dort haben Wissenschaftler den Honig einer DNA-Analyse unterzogen - ein Verfahren, das in erster Linie in der Forensik beim Aufklären von Mordfällen zum Einsatz kommt. Dabei wird eine Probe untersucht und jegliche DNA, die in dieser Probe enthalten ist, aufgeführt.
Analyse-Methode für Honig ist sehr detailliert
Bei einem "echten" Honig können das bis zu 20 Millionen DNA-Sequenzen sein. Darunter sind Spuren von den verschiedenen Blumen, die die Bienen angeflogen haben, aber beispielsweise auch die DNA des Imkers, von Füchsen oder Pilzen. "Wenn in einem Honig aber DNA von Reis oder Mais gefunden wird, dann muss der Honig mit Sirup gestreckt sein, denn diese Blüten geben gar keinen Honig", erklärt Klaus Ahrens, Vizepräsident vom Deutschen Berufsimkerbund. Das Ergebnis der Tests: 80 Prozent der Honige waren gepanscht.
Gefälschter Honig bei aktuellen EU-Tests unter dem Radar
Zuckersirup ist im Einkauf deutlich billiger als die aufwendige Honiggewinnung der Imker. Es gibt zwar bereits einheitliche Tests in der EU, mit denen der Honig beim Import untersucht wird, allerdings haben sich die Betrüger darauf eingestellt: Alle der 30 in Estland getesteten Honige aus deutschen Supermärkten waren bei den europäischen Qualitätsprüfungen unauffällig. In einem chinesischen Onlineshop wird der Sirup sogar damit beworben, dass er die europäischen Qualitätsprüfungen für Honig besteht. Die DNA-Analyse aus Estland entlarvt Fälschungen, die bei den aktuell standardisierten Tests an den EU-Grenzen unentdeckt bleiben. Aktuell wird die DNA-Analyse aber noch nicht an den EU-Grenzen durchgeführt. Klaus Ahrens hofft, dass die DNA-Analyse innerhalb der nächsten sechs Monate als Standardverfahren bei den Behörden anerkannt wird.
Imker müssen Zahl der Bienenvölker reduzieren
Wenn die Temperaturen wieder klettern und die Bienen von Oliver Löwe in den Frühling starten, bleibt ein Drittel seiner Bienenkästen leer. Am Ende muss er von seiner Arbeit leben. Wenn er den Honig aber nur für sein Lager produziert, ist das nicht mehr wirtschaftlich. Mit dieser Entscheidung ist er nicht allein: Der Berufsimkerbund bestätigt, dass immer mehr Imker die Zahl ihrer Völker reduzieren, weil sie auf vollen Lagern sitzen. Am Ende leiden nicht nur die Berufsimker, sondern auch die Landwirte und das Ökosystem, erklärt Berufsimker Oliver Löwe: "Wenn sich das Imkern nicht mehr lohnt, wer übernimmt dann die Bestäubung? Wollen wir Zustände, wie in anderen Ländern, dass wir mit dem Pinsel durch die Plantagen laufen?"
Woran erkennen Kunden den echten Honig im Regal?
Wer vor dem Honigregal auf der sicheren Seite sein möchte, sollte laut Verbraucherzentrale direkt beim regionalen Imker kaufen oder auf die Herkunft des Honigs achten. Der Schriftzug "Echter Deutscher Honig" auf dem Glas garantiere, dass es sich auch wirklich um echten Honig handelt.