Tödlicher Messerangriff in Sarstedt: Angeklagter gesteht vor Gericht
Im Prozess um die tödliche Messerattacke auf den Betreiber einer Geflüchtetenunterkunft in Sarstedt hat der Angeklagte ein Geständnis abgelegt: Er sei verantwortlich für den Tod des Mannes.
Er übernehme die Verantwortung, habe den 61-Jährigen aber nicht töten wollen, ließ der 35-Jährige am Freitag durch seinen Verteidiger vor dem Hildesheimer Landgericht erklären. Im September vergangenen Jahres soll es in einem zur Unterkunft für Geflüchtete umfunktionierten Hotel nahe dem Sarstedter Bahnhof einen Streit gegeben haben. Laut Anklage soll der damals ausreisepflichtige Angeklagte den Betreiber erst gestoßen und ihm dann ein Messer in die Brust gerammt haben. Der Stich ins Herz war tödlich. Der 61-Jährige verlor binnen Minuten das Bewusstsein und starb noch am Tatort.
Nebenklage äußert Zweifel an Aussage
Der Angeklagte erklärte vor Gericht, er habe sich vom Betreiber und dessen Söhnen bedrängt gefühlt. Diese hätten ihn wegen seines Alkoholkonsums beschimpft und aufgefordert, die Unterkunft zu verlassen. Der Streit eskalierte, als der 61-Jährige ihn als „ehrlos“ bezeichnet habe. Als er einen Griff an Hals und Nacken gespürt habe, sei er in Panik geraten und habe zugestochen, um sich zu verteidigen. Die Nebenklage stellte die Aussage des Angeklagten infrage. "Die Notwehrlage ist an den Haaren herbeigezogen", erklärte Anwalt Holger Nitz. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten Totschlag vor. Einen terroristischen oder islamistischen Hintergrund der Tat schließt die Staatsanwaltschaft Hildesheim nach eigenen Angaben aus.
Angeklagter wurde seit 2022 geduldet
Im weiteren Verlauf des Prozesses könnte es auch um die Frage gehen, warum sich der 35-Jährige noch in Deutschland aufhielt. Sein erster Asylantrag war im im August 2017 abgelehnt worden, woraufhin er nach Polen überstellt worden war. Im Juni 2022 reiste er laut niedersächsischem Innenministerium erneut ein und stellte einen neuen Asylantrag, einen sogenannten Zweitantrag. Das Verwaltungsgericht Hannover verhängte zunächst einen Abschiebestopp. Seit September 2022 soll der Mann ein Zimmer in der Flüchtlingsunterkunft in Sarstedt gewohnt haben.
Urteil im April erwartet
In dem Prozess stützt sich die Anklage vor allem auf Aufnahmen von Überwachungskameras und die Beobachtung von Zeugen. Nach dem Vorfall am 2. September war der 35-Jährige zunächst geflohen, das Messer wurde in der Nähe des Tatorts gefunden. Aufgrund von Zeugenaussagen und Videoaufnahmen konnte er noch am selben Tag auf einem Firmengelände gefasst werden. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Ein Urteil könnte Ende April fallen.
