Nachruf auf Horst Hirschler: Lutheraner, Landesbischof, Loccumer
Der frühere hannoversche Landesbischof Horst Hirschler ist tot. Er starb in der Nacht zu Mittwoch im Alter von 89 Jahren. Bis 2020 war Hirschler auch Abt des Klosters Loccum (Landkreis Nienburg).
Horst Hirschler, 1933 in Stuttgart geboren, gehörte einer Generation an, die die Gräuel und Schrecken des Krieges hautnah erlebt hatte. 1945 sah er die Stadt Hildesheim im Bombenhagel in Schutt und Asche gehen. Er, der bei Bosch eine Lehre als Starkstromelektriker absolvierte, an der Abendschule das Abitur nachholte, Mitte der 50er-Jahre die Theologie für sich entdeckte, war kein Mann, der zu Kurzschlussreaktionen neigte. Prüfen, urteilen, handeln. Manchmal liegen die Elektrotechnik und die Theologie gar nicht so weit auseinander.
Bekannt weit über die Landesgrenzen
Horst Hirschler hat die evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers jahrzehntelang geprägt. Von 1988 bis 1999 war er Landesbischof. Als profilierter protestantischer Prediger und versierter Luther-Kenner machte er sich einen Namen, weit über Niedersachsens Landesgrenzen hinaus. Hirschlers Stimme hatte in der Evangelischen Kirche in Deutschland Gewicht - aber eben auch in der Politik, zum Beispiel in Asyl- und Friedensfragen. Als Vizepräsident des Lutherischen Weltbundes sorgte er für neue Impulse im ökumenischen Dialog mit dem Vatikan.
Mitwirkung an Gemeinsamer Erklärung zur Rechtfertigungslehre
An der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999, die auf einen Konsens in Grundwahrheiten des Glaubens zielt, wie die christliche Taufe oder die Überzeugung der unverdienten Gnade Gottes für die Menschen, hat er entscheidend mitgewirkt. Horst Hirschler zeichnete eine herzliche Bodenständigkeit ebenso aus wie eine theologisch-geschliffene Weitläufigkeit.
Ein Prediger in der Tradition Martin Luthers
Von Gott, vom Glauben und vom Leben zu sprechen, das war seine große Leidenschaft. Konkret zu predigen, das hieß für den langjährigen Abt des Klosters Loccum, biblisch und verständlich zu predigen. Er sah sich damit ganz in der Tradition Martin Luthers, zu dessen profiliertesten Kennern der Theologe Hirschler zählte. Festhalten an der Bibel und von ihrer Bedeutung für das Leben heute zu erzählen, das hat den Prediger Hirschler immer wieder fasziniert und angetrieben.
Haltung zu Homosexualität sorgte für Kritik
Für seine Überzeugungen konnte er auch leidenschaftlich streiten. Nicht immer blieb er dabei frei von Kritik. Deutlichen Unmut brachte ihm innerkirchlich und darüber hinaus seine Haltung als Landesbischof zum Thema Homosexualität und Pfarrdienst ein. Einen positiven Synodenbeschluss von 1993, dass nämlich homosexuelle Pfarrer in Partnerschaften und im Pfarrhaus leben können, lehnte Landesbischof Horst Hirschler ab. Ein Fehler, der kirchenpolitisch mühsam korrigiert werden musste. Im Laufe der Jahre schaute er milder auf seine damalige Haltung. Unversöhnlich verbissen war er nicht. Einst befürwortete er progressive Strömungen innerhalb der hannoverschen Landeskirche, um dann mit zunehmendem Alter konservativer zu werden. "Nachdunkeln im Amt", nannte das Hirschler einmal scherzhaft und knorrig zugleich.
Humorvoll, missionarisch, schlagfertig
Überhaupt war er humorvoll, missionarisch, schlagfertig. Horst Hirschler besaß zweifellos ein besonderes Predigt- und Redetalent. An theologischem Selbst- und Sendungsbewusstsein mangelte es ihm auch im hohen Alter nicht, wenn er zum Beispiel als Abt beim traditionellen Epiphanias-Empfang der hannoverschen Landeskirche im Kloster Loccum nach den Ansprachen des Ministerpräsidenten und des Landesbischofs auch noch die welt- und kirchenpolitische Lage deutete.
In Loccum verstorben
Überhaupt Loccum. Als Abt zeigte er sich dort bei festlichen Anlässen gern mit Mitra und Krummstab. Für einen Lutheraner gewiss unüblich, aber eben nicht für Horst Hirschler. Die katholische Ordenstradition des Stundengebets hielt er in dem Zisterzienserkloster aufrecht und pflegte bei allen wortgewaltigen Fähigkeiten auch sehr bewusst die Stille als stimulierende Kraftquelle des Glaubens. In seinem 90. Lebensjahr ist Horst Hirschler in Loccum gestorben. Dort wird am 19. August auch die Trauerfeier stattfinden.