Mit und ohne Nikotin: Sind Vapes eine Einstiegsdroge?

Stand: 31.05.2023 06:00 Uhr

Heute ist Weltnichtrauchertag - und die Zahl junger Raucher steigt. Ein Jugendtrend sind die Einweg-E-Zigaretten Vapes. Doch diese erleichtern den Einstieg in den Nikotinkonsum deutlich, warnen Experten.

von Max von Schwartz

In Deutschland rauchen immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene. Das zeigt die Deutsche Befragung zum Rauchverhalten (Debra). Die Debra ist eine kontinuierlich durchgeführte repräsentative Umfrage, die vom Institut für Allgemeinmedizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf betreut wird. Bei den 14- bis 17-Jährigen stieg der Anteil der Raucherinnen und Raucher im vergangenen Jahr auf 15,9 Prozent. 2021 waren es lediglich 8,7 Prozent der Jugendlichen. 

VIDEO: Studie: Anteil jugendlicher Raucher sprunghaft gestiegen (20.04.2023) (2 Min)

Vapes erleben einen Boom: Suchtberaterin beunruhigt

Ein besorgniserregender Trend, wie Jenny Lehnert-Ott findet. Sie ist Leiterin des Fachbereichs Prävention bei der Prisma Suchtberatung in Hannover. "Wir hatten uns eigentlich gefreut, dass die Zahlen kontinuierlich gesunken sind über die letzten Jahre und dass das gesellschaftlich akzeptierte Rauchen nach und nach zurückging", sagt Lehnert-Ott. Der regelrechte Boom der Nikotin-Popularität macht sich auch bei ihr in der Suchtberatung am Ihmeplatz im Stadtteil Linden bemerkbar. "Es kommen mehr und mehr Schulen auf uns zu, weil immer mehr Jugendliche diese E-Zigaretten besitzen und da auch ganz offen drüber reden", berichtet die Suchtexpertin. 

Sind Vapes schädlich?

Wie kommt es, dass Nikotinkonsum scheinbar plötzlich wieder en vogue ist? Lehnert-Ott glaubt, dass es neben Nachwirkungen der Corona-Pandemie auch an der durch die Vapes gesunkenen Hemmschwelle liegt. "Es gibt die Vapes auch ohne Nikotin, sodass der Einstieg ganz leicht ist. Dadurch ist dann auch später der Umstieg auf einen Dampfer mit Nikotin einfacher." Pneumologen beklagen, dass es so gut wie keine Daten über die langfristigen Folgen des Vape-Konsums gebe.

Vapes und Zigaretten enthalten den gleichen Suchtstoff

Vapes als Vorstufe zur klassischen Tabak-Zigarette? Suchtexperten halten das für naheliegend. "Jeder Raucher erinnert sich an seinen ersten Zug einer Zigarette - das ist für die wenigsten ein angenehmes Erlebnis", schildert Lehnert-Ott. Bei einem Vape hingegen ist der Dampf verhältnismäßig angenehm zu inhalieren, dazu schmeckt er wie süßlich-fruchtige Limonaden. Sobald nach längerem Vape-Konsum eine Sucht ausgeprägt ist, sei der Griff zur klassischen Tabak-Zigarette nicht weit, erklärt Daniel Kotz, Allgemeinmediziner an der Universität Düsseldorf und Leiter der Debra-Studie: "Es ist ja der gleiche Suchtstoff, der in den Vapes und der Zigarette steckt. Und da ist der Weg zum Tabak dann nicht weit, wenn der Suchtstoff auch auf andere Weise aufgenommen werden kann." 

Videos
E-Zigaretten und andere Einweg-Elektogeräte © Screenshot
8 Min

Kurzlebige Wegwerfprodukte: Wie lange noch?

Es gibt zahlreiche Wegwerfprodukte mit fest verbauten Akkus und Elektronik. Warum ist das noch so? (25.04.2023) 8 Min

Experten-Rat: Mit der "Rauchstopp-Methode" aufhören

Doch was ist, wenn Jugendliche nun merken, dass sie abhängig geworden sind und aufhören möchten? Lehnert-Ott rät: "Ich sollte mir jemanden suchen, der mich unterstützt und ich empfehle ganz klar die Rauchstopp-Methode", sagt Lehnert-Ott. Das heißt, dass der Konsum abrupt beendet wird, statt ihn langsam herunterzufahren. "Am besten suche ich mir dafür eine Zeit aus, in der nicht viel Stress anliegt und in der es mir gut geht, also lieber im Urlaub oder in den Ferien statt in der Prüfungsphase", empfiehlt sie. Dabei sollte vorausgeplant werden: "Ich sollte darüber nachdenken, ob ich in Situationen geraten könnte, die mich zum Nikotinkonsum animieren. Wie werde ich dann mit diesen Situationen umgehen?'" 

Statt der Moralkeule: Gründe fürs Rauchen besprechen

Eltern rät Lehnert-Ott, sich über die Jugendtrends zu informieren und dabei auch auf die von ihren Kindern genutzten Social-Media-Kanäle zu achten. So könne ein konstruktives Gespräch über den möglichen Nikotinkonsum der Jugendlichen geführt werden, statt die Moralkeule zu schwingen. "Ganz wichtig ist, nicht mit den möglichen Folgen und Konsequenzen des Nikotinkonsums zu kommen, denn das wissen die Raucher meist selbst und nehmen es in Kauf." Lieber sollte nach den Gründen für den Konsum gefragt werden und was die Jugendlichen sich für eine Wirkung erhoffen. "Dabei geht es auch ganz oft um klassische Pubertätsthemen - beispielsweise die Gruppenzugehörigkeit oder die Ablösung von den Eltern", erklärt Lehnert Ott. So könne gemeinsam eine Lösung erarbeitet werden.

Weitere Informationen
Ein Mann zerbricht eine Zigarette. © Colourbox Foto: nito

Mit dem Rauchen aufhören: Mit diesen Tipps kann es klappen

Wie gelingt der Nikotinentzug? Sind E-Zigaretten oder Vapes weniger schädlich als Glimmstängel? Darüber reden wir heute ab 17.10 Uhr mit Experten - und mit Ihnen. (31.05.2023) mehr

Ein Mann raucht bei der Auftaktkundgebung einer Demonstration für eine zügige Legalisierung von Cannabis, dem «Global Marijuana March 2022», am Brandenburger Tor einen Joint mit Medizinalcannabis. © Picture alliance/dpa/Deutsche Presse-Agentur GmbH | Christoph Soeder Foto: Christoph Soeder

Ärztekammer zur Cannabis-Legalisierung: "Keine harmlose Droge"

Die ÄKN warnt vor gesundheitlichen Gefahren. Die Debatte lenke zudem von drängenden Problemen im Gesundheitswesen ab. (14.04.2023) mehr

Mehrere E-Zigaretten stehen nebeneinander. © NDR Foto: Julius Matuschik

Geldstrafe für Verkauf von E-Zigaretten an Minderjährige

Bei Stichproben in Oldenburg haben viele Geschäfte den Jugendschutz missachtet und E-Zigaretten an Minderjährige ausgegeben. (04.04.2023) mehr

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 31.05.2023 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Sucht

Mehr Nachrichten aus der Region

Geflüchtete verlassen die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen am Standort Braunschweig. © picture alliance/dpa Foto: Julian Stratenschulte

Zahl der Asylanträge in Niedersachsen deutlich zurückgegangen

Laut Innenministerium beantragten bis November rund 23.900 Menschen Asyl - im gesamten Vorjahr waren es etwa 34.600. mehr

Aktuelle Videos aus Niedersachsen