Kommentar zum Lehrermangel: Alle haben die Augen zugemacht
An Niedersachsens Schulen steht es schlecht um die Unterrichtsversorgung. Schulstunden fallen aus, Lehrkräfte fehlen noch immer.
Ein Kommentar von Torben Hildebrandt
An Niedersachsens Schulen waren noch nie so viele Lehrkräfte beschäftigt wie heute - aber es reicht nicht. Ein hausgemachtes Problem. Es reicht nicht mal für den Normalbetrieb. Selbst wenn alle Lehrkräfte da wären, keiner krank, niemand schwanger - selbst dann fällt Unterricht aus.
Politik muss Schulen besser ausstatten
Das liegt an den viele Aufgaben, die Schulen heute erfüllen müssen: die Inklusion voranbringen, geflüchtete Kinder integrieren, einen attraktiven Ganztag anbieten und noch Kinder erziehen oder an die Hand nehmen - wer das alles will, wer diese Aufgaben wichtig findet, der muss die Schulen auch entsprechen ausstatten. Genau das hat die Politik aber verpasst. Seit zehn Jahren regiert die Bildungspartei SPD in Niedersachsen; mal mit den Grünen, mal mit der CDU als Partner. Alle haben die Augen zu gemacht, nicht genug Lehrkräfte ausgebildet und den Job nicht attraktiv gemacht. Jetzt kommt die Quittung. Es sind eben nicht nur die 20.000 zusätzlichen Kinder aus der Ukraine, die ungeplant in den Klassen sitzen - das Schulsystem ist immer komplexer geworden, ohne dass das Land dafür Personal gewonnen hat.
Es wird an den Lehrkräften hängen bleiben
Wie also weitermachen? Lehrkräfte müssen sich darauf einstellen, dass sie den Karren aus dem Dreck ziehen sollen: mit mehr Unterrichtsstunden zum Beispiel, mit mehr Schülern pro Klasse. Irgendwas wird die neue Kultusministerin tun müssen. Das dürfte schmerzhaft werden.
Personalmangel an Schulen hat Folgen
Und: Eltern müssen - wohl oder übel - ihre Ansprüche runterschrauben. Es wird nicht genügend Personal geben, um Bildung auf höchstem Niveau anzubieten. Es wird knirschen, jeden Tag, solange Lehrkräfte mehr Feuerwehrleute als Pädagogen sind. Dass die Kinder verlässlich guten Unterricht bekommen, dass sie im Ganztagsangebot gut betreut sind, ist kein Gesetz mehr. Wochen, in denen alles läuft, werden die Ausnahme sein. Willkommen im Mangel.