Hannover plant fast autofreie Innenstadt bis 2030
Parkplätze fallen weg, Straßen werden autofrei. Die Stadtverwaltung von Hannover will den Verkehr in der City bis 2030 beruhigen. Auch andernorts in Niedersachsen soll es weniger Autos in der Stadt geben.
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) hat erstmals konkrete Pläne für eine weitgehend autofreie Innenstadt vorgelegt. In den kommenden Jahren will die Stadtverwaltung nach und nach die meisten ebenerdigen Parkplätze auflösen. Wer mit dem Auto in die Innenstadt kommt, wird nach dem jetzt vorgestellten Mobilitätskonzept direkt in die Parkhäuser geleitet. Dort stehen 10.000 Stellplätze zur Verfügung. "Bisher sind alle Parkhäuser in der Innenstadt durchschnittlich nur zu 50 Prozent ausgelastet. Wer mit dem Auto nach Hannover kommt, wird also auch in Zukunft zentral in der City parken können", so Onay.
Viele Straßen in Hannovers City für den Autoverkehr gesperrt
Die meisten Straßen in der Innenstadt sollen nach den Plänen der Rathausspitze für den Autoverkehr gesperrt werden. Dazu gehört auch ein großer Teil der Georgstraße. Zwischen Kröpcke, Georgsplatz und Aegidientorplatz sollen nur noch Busse und Fahrräder fahren dürfen. Das gilt auch für die Münzstraße im Vergnügungsviertel Steintor. Die benachbarte Lange Laube soll nur noch für den Radverkehr geöffnet werden. Auch die beiden Straßentunnel am Hauptbahnhof sollen dauerhaft für den motorisierten Verkehr gesperrt werden. Im Bereich des Alten Rathauses will die Stadtverwaltung die Karmarschstraße für den motorisierten Verkehr sperren. Dadurch soll auch mehr Platz für die Außengastronomie geschaffen werden. Außerdem ist geplant, den angrenzenden Parkplatz am Köbelinger Markt vor der Markthalle zu schließen und nur noch für Fußgänger und Radfahrer zugänglich zu machen.
Autos in der Innenstadt: Ausnahmen für bestimmte Gruppen
Die Stadt Hannover betont, dass durch das Mobilitätskonzept die Innenstadt für alle Menschen erreichbar bleibt. Straßen sollen demnach barrierefrei umgebaut werden. Die Zahl der Behindertenparkplätze werde erhöht. Restaurants und Geschäfte könnten weiterhin von Lieferfahrzeugen angefahren werden. Busse und Stadtbahnen könnten auch in Zukunft direkt in die Innenstadt fahren. Der Hauptbahnhof bleibe mit dem Auto erreichbar. Im gesamten Innenstadtbereich sollen Anwohnerinnen und Anwohner grundsätzlich die Möglichkeit haben, ihre Grundstücke mit dem Auto zu erreichen. Auch Taxis sollen weiterhin in die Innenstadt fahren können.
Innenstadt soll weitgehend verkehrsberuhigte Zone werden
Das Mobilitätskonzept soll vor allem den Fußgängern zugutekommen. Bürgermeister Onay: "Wir sehen den Fußverkehr als Basismobilität, denn jeder geht zu Fuß. Auch die Wege zum ÖPNV, zum Parkhaus oder zum Fahrrad sind Fußwege. Deshalb ist es wichtig, diese Wege bequemer und sicherer zu machen." Auch in den Bereichen, die weiterhin für Autos befahrbar sind, plant die Stadt deshalb eine Geschwindigkeitsreduzierung. Dort, wo es möglich ist, soll eine Höchstgeschwindigkeit von 20 oder maximal 30 Kilometern pro Stunde gelten.
Karte: Diese Straßen werden fußgänger- und fahrradfreundlich umgebaut
Stadt verspricht sich größere Aufenthaltsqualität in der City
Mit den Plänen will Hannovers Oberbürgermeister Onay die Innenstadt attraktiver machen. "Wir stärken das Zentrum als resilienten Einzelhandels- und Wirtschaftsstandort." Durch die für Autos gesperrten Straßen würden viele neue Flächen entstehen. Diesen Raum will die Stadtspitze auch kulturellen und sportlichen Initiativen zur Verfügung stellen. Das Mobilitätskonzept für die Innenstadt bezeichnet Onay als "großen Schritt nach vorn". Davon würden nicht nur die Gewerbetreibenden profitieren, sondern auch die Bewohnerinnen und Bewohner sowie alle Gäste, die zum Einkaufen, für kulturelle Veranstaltungen oder zum Feiern in die City kommen.
Jetzt ist Hannovers Stadtrat am Zug
Das Mobilitätskonzept wird nun in den Gremien des Rates der Stadt Hannover besprochen. Für danach kündigt die Stadtspitze bereits weitere Untersuchungen und abschließende Detailplanungen für die betroffenen Straßen und Maßnahmen an. Erste Umbauten sind bereits für Mitte 2024 vorgesehen. Bis 2030 will die Stadtverwaltung das Konzept umsetzen. Am 29. September werden Oberbürgermeister Onay und Stadtbaurat Thomas Vielhaber (SPD) die Planungen im Veranstaltungsort Aufhof der Öffentlichkeit vorstellen. Die Präsentation wird auch live im Internet übertragen.
Verbände reagieren unterschiedlich auf Pläne
Der Handelsverband Hannover kritisiert das jetzt vorgelegte Mobilitätskonzept. Hauptgeschäftsführerin Karin Schindler-Abbes sorgt sich um die Erreichbarkeit der Innenstadt: "Es gibt so viele zugelassene Autos wie noch nie in Deutschland. Die Menschen haben also das Bedürfnis, mit dem Auto zu fahren. Hier stellt sich die Frage, ob eine Verbotspolitik richtig ist." Die meisten Kundinnen und Kunden kämen aus dem Umland nach Hannover. "Dort gibt es den ÖPNV in dieser Form nicht. Und mit dem Fahrrad können die Menschen aus dem Umland auch nicht nach Hannover hineinfahren", so Schindler-Abbes.
Die Industrie- und Handelskammer Hannover (IHK) steht den Plänen aus dem Rathaus dagegen aufgeschlossen gegenüber. Hauptgeschäftsführerin Maike Bielefeld: "Die IHK findet den Ansatz des Mobilitätskonzeptes grundsätzlich positiv. Von einer attraktiven Innenstadt, die zum Verweilen und Wohnen einlädt, können auch die Gewerbetreibenden und der Einzelhandel vor Ort profitieren." Bielefeldt betont aber, dass die Parkhäuser gut erreichbar sein müssen.
Lüneburg, Braunschweig und Oldenburg setzen auch auf weniger Autos
Hannover ist nicht die einzige Stadt in Niedersachsen, die ihr Zentrum umbaut. Braunschweig setzte bereits 2019 einen sogenannten Mobilitäts-Entwicklungsplan auf. Der setzt in erster Linie darauf, Autos aus der Innenstadt zu verdrängen - durch weniger Parkplätze, die überall kostenpflichtig sind, mehr Busspuren, breitere Haltestellen, mehr Anliegerstraßen und Fußgängerbereiche. Lüneburgs grüne Oberbürgermeisterin will Fahrradwege verbessern, ausbauen und Parkplätze reduzieren. Denn die Stadt will bis 2030 klimaneutral sein. Das Jahr 2030 spielt auch in Oldenburg eine große Rolle. Bis dahin sollen 14.000 private Autos weniger in der Stadt sein: Erreicht werden soll das durch mehr Angebote für Carsharing, mehr Abschließmöglichkeiten für Fahrräder und sehr hohe Parkgebühren.