Ernst August gibt Marienburg für einen Euro ab
Das Schloss Marienburg bei Pattensen (Region Hannover) wird für den symbolischen Betrag von einem Euro an die öffentliche Hand verkauft. Eine Tochter der Klosterkammer Hannover, die Liemak Immobilien GmbH, soll die Sommerresidenz der Welfen übernehmen, wie Kulturminister Björn Thümler (CDU) am Donnerstag mitteilte. Die Klosterkammer ist eine Landesbehörde, die sich eigenen Angaben zufolge selbst finanziert und nicht vom Landeshaushalt abhängig ist. Das vor 151 Jahren fertiggestellte Schloss muss für geschätzte 27 Millionen Euro saniert werden. Der bisherige Schlossherr Ernst August Erbprinz von Hannover kann diese Summe nicht stemmen. Er sei bereits in den vergangenen Jahren an seine finanziellen Grenzen geraten, berichtet NDR 1 Niedersachsen. Der Bund der Steuerzahler in Niedersachsen befürchtet, dass auf die Bürger des Landes Folgekosten in Millionenhöhe zukommen.
Landesmuseum erwirbt Stücke aus dem Inventar
Neben dem Schloss verkaufen die Welfen auch rund hundert Stücke aus dem kulturhistorischen Inventar im Wert von zwei Millionen Euro, die für das Land besonders wertvoll sind. Das Landesmuseum Hannover soll sie - mit Unterstützung von Stiftungen - erwerben. Weitere Gegenstände im Wert von rund sechs Millionen Euro bringt Ernst August Erbprinz von Hannover in eine gemeinnützige Kunststiftung ein. Er hatte das Schloss vor 14 Jahren von seinem gleichnamigen Vater Ernst August von Hannover übernommen.
Land und Bund unterstützen die Finanzierung
Der Präsident der Klosterkammer, Hans-Christian Biallas, sagte: "Wir helfen dem Land gerne. Wir werden aber keinerlei finanzielles Risiko tragen." Das Land stellt für die Arbeiten mehr als 13,6 Millionen Euro bereit, noch einmal die gleiche Summe kommt vom Bund. Ab 2020 werde das Land die Summe nach und nach aufbringen, sagte Thümler. Er wollte nicht ausschließen, dass sich die bisher veranschlagten Sanierungskosten in Zukunft noch erhöhen. Unklar ist, wann die Arbeiten an der einstigen Sommerresidenz der Welfen beginnen können. Laut Thümler ist das kommende Jahr als Übergangsjahr geplant, in dem viele Gespräche geführt werden sollen. Damit die Burg nicht abrutscht, soll zunächst der Hang gestützt werden, auf dem sie steht.
Bund der Steuerzahler fürchtet Folgekosten für Bürger
Nach Ansicht von Bernhard Zentgraf, Vorsitzender vom Bund der Steuerzahler in Niedersachsen, ist weder klar, ob die 13,6 Millionen vom Land ausreichen, um die Burg in Stand zu setzen, noch was der laufende Betrieb des Gemäuers kosten wird. Zudem ist der Bund der Steuerzahler der Auffassung, dass das finanzielle Engagement der Welfen-Familie höher ausfallen sollte, als die Werte in Höhe von sechs Millionen Euro, die der Prinz in eine Kunststiftung einbringen will.
Kritik auch von Opposition und Teilen der SPD
Die FDP-Fraktion kritisiert, dass das Parlament nicht in den Prozess einbezogen worden sei. Solche weitreichenden und teuren Entscheidungen dürften nicht ohne den Haushalts-Ausschuss erfolgen, sagte eine FDP-Sprecherin. Dies sei "ein riesiger Affront gegenüber dem Parlament". Dieser Kritik schloss sich auch der Haushaltsexperte der Grünen, Stefan Wenzel, an. "Das ist eine totale Unverschämtheit", sagte er. Auf den Steuerzahler könnten riesige Folgekosten zukommen, warnte Wenzel. Er sprach von einem unredlichen "Strohmann-Geschäft" mit der Klosterkammer und verlangt Einzelheiten über die Eigentumsverhältnisse des aktuellen Besitzers. Auch aus der SPD-Fraktion kommt Kritik. Einige Abgeordnete hätten eingewandt, dass auch sie in ihrem Wahlkreis durchaus sanierungsbedürftige Kulturschätze hätten, wie NDR 1 Niedersachsen berichtet.
Thümler: "Marienburg ist von nationaler Bedeutung"
Kulturminister Thümler machte deutlich, dass es das Ziel sei, "das Gesamtkunstwerk Schloss Marienburg als Kulturdenkmal und Erinnerungsort mit großer Bedeutung für die niedersächsische Landesidentität dauerhaft für die Öffentlichkeit zu erhalten und zugänglich zu machen". Nicht die Zahlungsunfähigkeit des Hauses Hannover sei der Grund dafür, dass sich das Land für die Marienburg engagiere, sondern die nationale Bedeutung des Schlosses. Der Schlossherr erklärte: "Das gemeinsam entwickelte Modell sichert Schloss Marienburg und sein Inventar dauerhaft für die Öffentlichkeit." Das sei von Anfang an seine Herzensangelegenheit gewesen. "Deshalb bin ich der niedersächsischen Landesregierung sehr dankbar." Er selbst werde mit seiner Familie weiterhin in Hannover wohnen und der Marienburg immer verbunden bleiben, so der Erbprinz.
Betreiberwechsel auch im Gastronomiebetrieb
Die Sommerresidenz der Welfen war im Jahr 1867 fertiggestellt worden. Sie war ein Geburtstagsgeschenk von König Georg V. an seine Ehefrau Marie. Derzeit wird im Schloss die Ausstellung "200 Jahre Marie und Georg von Hannover" gezeigt. Jährlich kommen 200.000 Besucher aus dem In- und Ausland zur Marienburg. Der bisherige Schlossherr wird zum Jahresende auch als Betreiber von Gastronomie und Veranstaltungen auf der Burg aufhören. Ernst August Erbprinz von Hannover will mit den zwei Millionen Euro aus dem Erlös der Kunstwerke die Betreibergesellschaft entschulden. Neuer Betreiber wird die Schloss Marienburg GmbH, die laut dem Schlossherrn alle 60 Angestellten übernehmen wird.