E-Sports in Niedersachsen: Weltmeister kommen aus Hannover
In Niedersachsen steigt das Interesse an Gaming. Als erste deutsche Einrichtung bietet die Dr. Buhmann Schule in Hannover eine E-Sports-Ausbildung an. Die Studenten sind international erfolgreich.
Dallas, Texas - Juni, 2023: Eine große Halle, einige Hundert Menschen sitzen im Publikum. Alle starren gebannt auf eine Bühne und die riesigen Monitore dahinter. Es läuft das Finale der College-Weltmeisterschaften in Rocket League. Das ist futuristisches Autoball, eine Mischung aus Rennspiel und Fußball, knallig-bunt und schnell. Zwei Dreier-Teams sitzen an Monitoren, liefern sich einen packenden Schlagabtausch.
Deutsches Team holt als Außenseiter den Titel
Sekunden vor Ablauf der Spielzeit springt einer der Spieler beim Stand von 2:5 auf, er kann sich vor Freude nicht mehr halten. Abpfiff. Die Mannschaft schreit, jubelt, liegt sich in den Armen. Denn sie wissen, das, was sie gerade geschafft haben, ist eine Sensation. Als absoluter Außenseiter gestartet, ist ein deutsches Team in der Gaming Hochburg USA tatsächlich Weltmeister geworden - es ist das Team der Dr. Buhmann Schule.
Gaming als Unterrichtsfach
Hannover, Niedersachsen - September, 2023: Semesterstart. Zwei der Weltmeister, Fabian Buß und Nicolas Steinhauser, sitzen zusammen und trainieren ihr Spiel im hauseigenen "Gamingstudio" der Dr. Buhmann Schule. Die Ausstattung ist High-End. Hier stehen leistungsstarke PCs, ergonomische Stühle, an den Wänden hängen Bildschirme für das lokale Streaming. Eine kleine Zocker-Wohlfühloase, in der Fabian Buß und Nicolas Steinhauser mit ihren Coaches an ihrem Erfolg arbeiten. Seit einem Jahr gibt es dieses Angebot in Hannover. Es ist eine duale E-Sports-Ausbildung. Neben ganz normalen Fächern, wie Spanisch oder Rechnungswesen, können die Studenten an der Privaten Berufsschule und Akademie das Gaming als Unterrichtsfach belegen.
Akademie: Gaming hat großes Potenzial für Berufseinsteiger
Das Konzept ist in Deutschland einzigartig. Akademieleiter Matthias Limbach sieht im Computerspielen großes Potenzial für den Arbeitsmarkt. E-Sport fördere nachweislich Kompetenzen, die vielen Berufseinsteigern fehle: "Es geht um strategisches Denken, um Entscheidungsfähigkeit und es geht darum, ein gutes Level an Englisch und Kommunikationsfähigkeiten zu entwickeln." Gaming decke da so viele Bereiche ab, dass es Zeit sei, dass sich Bildung insgesamt mehr darum kümmere.
Stipendien und soziale Verantwortung
Fabian Buß kommt aus Nordrhein-Westfalen, Nicolas Steinhauser aus Österreich. Beide sind extra für das Studium nach Hannover gezogen. Die beiden 20-Jährigen gehören zur E-Sport-Elite im deutschsprachigen Raum, deswegen haben sie auch von der Akademie ein Stipendium bekommen. Mit etwa 1.500 Euro werden sie monatlich gefördert. Darin sind die Schulgebühren, ein kleines Gehalt und die Wohnkosten in der akademieeigenen Gaming-WG enthalten. Dort sollen sie auch ein bisschen Abstand vom Zocken bekommen. Denn Bildschirmpausen seien wichtig, sagt Nicolas Steinhauser: "Wenn du die ganze Zeit nur ein Spiel spielst, kriegst du sehr leicht einen Burn-Out […] dann verliert man auch schnell den Spaß am Spiel. Dieser Ausgleich ist schon wichtig, dass man nicht nur vor dem PC sitzt."
Sportpsychologe begleitet junge E-Sportler
Auch beim Thema Spielsucht ist die Schule sensibilisiert, sie setzt auf Aufklärung, wie der Akademieleiter Limbach versichert: "Wir haben eine Serie von Elternabenden. Da helfen wir den Eltern, zu verstehen, was bei den jungen Leuten passiert, durch welche Leidenschaften sie geprägt werden." Zudem gehe es darum, zu zeigen, wie man schon im jungen Alter ein Gleichgewicht zwischen Spielen am Computer und anderen Beschäftigungen schaffen kann. Darüber hinaus begleitet ein Sportpsychologe die Ausbildung und reflektiert mit den Studenten ihr eigenes Spielverhalten. Auch auf Spielinhalte wird wert gelegt - Ego-Shooter sind kein Unterrichtsbestandteil. Die Spiele, die hier gelehrt werden, sind bis zwölf Jahre von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) freigegeben.
E-Sport in Niedersachsen: Wie geht es weiter?
Nicht nur die Dr. Buhmann Schule in Hannover sieht die Potenziale. Auch große niedersächsische Sportvereine wie der VfL Wolfsburg oder Hannover 96 haben mittlerweile E-Sport Teams im Fußball. Die Politik hat ebenfalls entdeckt, was im Gaming steckt. Das niedersächsische Wirtschaftsministerium fördert lokale Projekte wie das HI-Score in Hannover und hat bei der diesjährigen Messe Gamescom in Köln einen Gemeinschaftsstand mit der Fördereinrichtung Nordmedia aufgebaut, auf dem sich lokale Spieleentwickler präsentieren konnten.
Deutschland spielt auf E-Sport-Markt keine Rolle
Trotzdem hängt Niedersachsen international immer noch hinterher, zu lange war der deutsche Umgang mit Videospielen frei nach dem Motto: "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht." Das hat sich geändert. Schließlich ist die Gaming-Industrie seit Jahren ein echter Goldesel. Allein 2022 hat die Branche weltweit 201 Milliarden Euro Umsatz gemacht - siebenmal mehr als an allen Kinokassen. Fünf Prozent dieses Umsatzes wurden allein in Deutschland generiert. Nur spielen dabei deutsche Firmen und Produkte kaum eine Rolle.
Buß und Steinhauser mit großen Zielen
Umso mehr freut sich die Dr. Buhmann Schule über den Erfolg ihres Teams im Juni in Texas. Der Weltmeistertitel zeigt, dass Deutschland international mitmischen kann, wenn Engagement, Geld und Wille da sind. Das sollte ein Ansporn sein. Fabian Buß und Nicolas Steinhauser brauchen den Ansporn nicht, sie wollen ohnehin immer ihr Bestes geben. Nach der College-Weltmeisterschaft soll bald die Profi-Weltmeisterschaft folgen und auch da wollen sie jubelnd auf der Bühne stehen.