VW-Kandidatenkarussell: Wer wird neuer Chef?
Gibt es eine schnelle Lösung oder wagt Volkswagen den kompletten Neuanfang? Das ist die große Frage bei der Suche nach einem Nachfolger für Martin Winterkorn, der wegen des Abgas-Skandals seinen Posten räumen muss. Am Freitag will der Aufsichtsrat über die Neubesetzung des Chefpostens beraten. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der dem Gremium angehört, deutete am Mittwochabend im ARD-Brennpunkt an, dass die Entscheidung schon in Kürze fallen wird. "Gehen Sie davon aus, dass wir nach der Sitzung klar machen werden: Wir entscheiden schnell und zügig", sagte Weil.
Beste Chancen für Müller
Als Favorit gilt in diesem Fall Matthias Müller. Mehrere Medien berichten schon übereinstimmend, dass die Entscheidung für Müller im Aufsichtsrat bereits gefallen sei. Die offizielle Verkündung soll dann am Freitag nach der Sitzung des Aufsichtsrates erfoglen. Der 62-Jährige ist derzeit noch Porsche-Chef und war bereits während der Führungskrise im Frühjahr als Kandidat für eine Übergangszeit gehandelt worden. Müller ist seit fast 40 Jahren im VW-Konzern und gilt als Zögling von Winterkorn. Als der damalige Audi-Chef Winterkorn 2007 an die VW-Spitze wechselte, ging Müller als Produktstratege mit ihm nach Wolfsburg. Nach der gescheiterten Übernahme von Volkswagen durch Porsche übernahm er 2010 auf Wunsch des damaligen VW-Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch die Führung des Sportwagenherstellers.
Diess stünde für Neuanfang
Einen konsequenten Neuanfang könnte Volkswagen demonstrieren, wenn sich der Aufsichtsrat für Herbert Diess entscheiden würde. Der 56-Jährige wechselte am 1. Juli von BMW zu Volkswagen, um von Winterkorn die schwächelnde Hauptmarke VW zu übernehmen. Insidern zufolge kam Diess auf Betreiben von Piëch nach Wolfsburg. Gegen ihn spricht, dass er die Mechanismen und Netzwerke des riesigen Konzerns noch nicht lange kennt. Außerdem soll es Vorbehalte unter den Arbeitnehmern geben, da Diess als kompromissloser Kostendrücker gilt.
Folgt Stadler erneut auf Winterkorn?
Ein weiterer Kandidat mit viel Stallgeruch ist Audi-Chef Rupert Stadler. Sein Aufstieg im Konzern begann 1997 als Büroleiter von Piëch. Bei Audi übernahm der 52-Jährige 2003 zunächst das Finanzressort, ehe er 2007 zum neuen Vorstandsvorsitzenden gewählt wurde - pikanterweise als Nachfolger des zu VW abgewanderten Winterkorn. Dass der Betriebswirt Stadler auch bei VW dessen Nachfolger werden könnte, bezweifeln Experten allerdings mit Blick auf die Tradition, wonach immer ein Ingenieur an der Spitze des Konzerns stehen muss.
Was passiert mit Pötsch?
Weitere Namen, die in der Nachfolge-Diskussion gehandelt werden, sind Winfried Vahland und Andreas Renschler. Der selten in der Öffentlichkeit präsente Vahland gilt als Geheimfavorit auf den Chefsessel bei VW. Er ist bereits seit 1990 im Konzern und leitete zuletzt in Tschechien die Tochter Skoda. Renschler verantwortet bei Volkswagen seit Februar den Bereich Nutzfahrzeuge. Zuvor war er viele Jahre Vorstandsmitglied bei Daimler. Eher unwahrscheinlich ist die Variante, dass sich der Aufsichtsrat für den bisherigen VW-Finanzchef Hans Dieter Pötsch entscheidet. Denn Pötsch soll eigentlich im November als Nachfolger des im April zurückgetretenen Ferdinand Piëch zum neuen Aufsichtsratschef gekürt werden.