Terroranschlag auf Weihnachtsmarkt in Hannover geplant?
Das Landeskriminalamt Niedersachsen hat nach Recherchen von NDR und WDR in der vergangenen Woche einen 20-Jährigen festgenommen. Der Mann wird verdächtigt, einen Terroranschlag geplant zu haben.
Bei dem Festgenommenen soll es sich um einen irakischen Staatsbürger handeln, der sich erst seit dem vorigen Jahr in Deutschland aufhält. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen soll der Mann darüber nachgedacht haben, Besucher eines Weihnachtsmarktes mit einem Messer zu attackieren. Er stand kurz vor der Abschiebung: Diese war "in Abstimmung mit der Bundespolizei bereits für den heutigen Freitag, den 1. Dezember 2023, vorbereitet worden", teilte das Innenministerium in Magdeburg am Freitag mit. Der Mann habe aber vor seiner Festnahme von diesem Termin nicht gewusst. Zuvor hatte der 20-Jährige demnach Klage gegen die Abschiebe-Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge beim Verwaltungsgericht Magdeburg eingereicht. Das hatte den Asylantrag des 20-Jährigen am 21. November 2023 als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
LKA kann Anschlagsziel Hannover "nicht ausschließen"
Ziel des Anschlags könnte nach Informationen von NDR und WDR möglicherweise der Weihnachtsmarkt in Hannover gewesen sein. Das "können wir derzeit nicht ausschließen", sagte ein Sprecher des niedersächsischen Landeskriminalamts (LKA) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte am Donnerstagabend gegenüber NDR Niedersachsen, man habe zwar keine Anhaltspunkte für konkrete Anschläge in Niedersachsen gehabt, aber die vorliegenden Erkenntnisse hätten die Sicherheitsbehörden dazu bewogen, den 20-Jährigen in Präventivgewahrsam zu nehmen.
Islamist wurde bereits am 21. November festgenommen
Der 20-Jährige aus Sachsen-Anhalt wurde im Zuge der Gefahrenabwehr am 21. November in Helmstedt durch das LKA in polizeilichen Gewahrsam genommen. "Der 20-Jährige befindet sich auf Grundlage gefahrenabwehrrechtlicher Maßnahmen weiterhin im polizeilichen Gewahrsam. Weitere Hintergründe nennt das Landeskriminalamt Niedersachsen aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nicht", sagte ein LKA-Sprecher. Es soll sich nach Erkenntnissen der Ermittler bei ihm um einen Islamisten handeln, der sich dazu bereit erklärt haben soll, zur Unterstützung der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) ein solches Attentat zu verüben.
Generalbundesanwaltschaft ermittelt
Mittlerweile ermittelt der Generalbundesanwalt in Karlsruhe wegen möglicher Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in diesem Fall und hat die Wohnung des Mannes durchsuchen lassen. Eine Sprecherin der Behörde wollte sich auf Nachfrage nicht zu dem Sachverhalt äußern.
Die Polizei sei gerade bei großen Ereignissen sehr präsent, so Niedersachsens Innenministerin Behrens. Die Menschen in Niedersachsen bräuchten keine Angst zu haben, einen Weihnachtsmarkt zu besuchen.
Haldenwang: "Gefahr so hoch wie lange nicht mehr"
Am Mittwoch hatte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, vor islamistischer Gewalt gewarnt. "Die Gefahr ist real und so hoch wie schon lange nicht mehr", sagte Haldenwang. Durch den Nahost-Konflikt und durch die Koran-Verbrennungen in Schweden sei die Stimmung in der islamistischen Szene hierzulande deutlich aufgeheizt. Ähnlich äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, um potenzielle Planungen gegen die Sicherheit von Jüdinnen und Juden, israelischen Einrichtungen, aber auch von Großveranstaltungen zu durchkreuzen", erklärte Haldenwang.
Minderjährige planten offenbar Anschlag in Leverkusen
Erst am Dienstag waren in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg zwei minderjährige Islamisten unter Terrorverdacht festgenommen worden: ein 15 Jahre alter Deutsch-Afghane und ein 16 Jahre alter Russe, die als IS-Sympathisanten gelten. Die beiden sollen sich zuvor in einer Chatgruppe konkret über einen Anschlag mit einem Laster und Brandsätzen auf einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen ausgetauscht haben.
Laut BKA deutschlandweit mehr als 480 Gefährder
Das Bundeskriminalamt (BKA) geht derzeit von mehr als 480 Personen in Deutschland aus, die als islamistische Gefährder eingestuft werden. Ihnen wird jederzeit eine schwere Gewalttat zugetraut. Von diesen Islamisten befindet sich jedoch nur etwa rund die Hälfte hierzulande auf freiem Fuß, die andere Hälfte soll im Gefängnis sitzen oder sich im Ausland aufhalten.
Zahl der Verfahren hat sich fast verdoppelt
Die hohe Gefährdungslage durch islamistische Terroristen spiegelt sich auch in der Zahl der vom Generalbundesanwalt eingeleiteten Ermittlungsverfahren wider: Zwischen Anfang Januar und Ende September dieses Jahres wurden bundesweit 356 Verfahren mit Bezug zum islamistischen Terrorismus von der Karlsruher Behörde eingeleitet. Das sind fast doppelt so viele Fälle wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Der Generalbundesanwalt ermittelt wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung terroristischer Vereinigungen, sowie in besonderen Fällen auch wegen der Vorbereitung von terroristischen Straftaten.