In einem Wald ist der Eingang zu einer Höhle zu sehen. Es handelt sich um den Eingang zur Maszycka-Höhle in Südpolen. © Universität Göttingen Foto: Darek Bobak

Göttinger Forscher: Spuren zeigen Kannibalismus in der Steinzeit

Stand: 10.02.2025 19:55 Uhr

Gab es in Teilen von Mitteleuropa früher Kannibalismus? Forschende aus Göttingen haben Spuren gefunden, wonach sich Menschen in der Altsteinzeit vor rund 18.000 Jahren kannibalisch verhalten haben.

Die Forschenden waren Teil eines internationalen Teams, das unter anderem Knochen aus der Maszycka-Höhle in Südpolen untersucht hat. Dort wurden Manipulationsspuren an menschlichen Überresten gefunden. Diese deuteten darauf hin, dass die Toten gezielt zerteilt wurden, um an ihr Fleisch zu kommen, heißt es von der Universität Göttingen. Schnittspuren an Schädelteilen zeugten von einer Abtrennung von Muskelansätzen und der Kopfhaut. Lange Knochen seien dagegen zerschlagen worden, um an das Knochenmark zu gelangen, sagen die Forschenden. Not sei dafür vermutlich nicht der Grund gewesen, sagt Thomas Terberger vom Seminar für Ur- und Frühgeschichte.

War der Kannibalismus Folge von Gewalt?

Eine wissenschaftliche Bildkollage. Auf schematischen Skeletten sind steinzeitliche Knochen gekennzeichnet, die in der Maszycka-Höhle gefunden und untersucht wurden. Die Knochen sind auf kleineren Bildern zu sehen. © CSIC-Junta de Extremadura Foto: Antonio Rodríguez-Hidalg
Schnitt- und Schlagspuren an verschiedenen menschlichen Skelettteilen deuten auf Kannibalismus hin.

Vielmehr vermuten die Forschenden, dass der Kannibalismus Folge von Gewalt durch Kämpfe gewesen sein könnte. Nach dem Kältemaximum der letzten Eiszeit sei es zu einem Bevölkerungswachstum gekommen, erklärt Terberger. "Und das kann zu Konflikten um Ressourcen und Territorien geführt haben." Außerdem seien in der Maszycka-Höhle menschliche Überreste mit Siedlungsabfall vermischt worden, was auf keinen respektvollen Umgang mit den Toten hindeute, so der Wissenschaftler.

Höhle ist bedeutende Fundstätte der Altsteinzeit

Die Maszycka-Höhle liegt im Nationalpark Ojców 20 Kilometer nördlich von Kraków (Krakau) und gilt als bedeutende Fundstätte aus der späten Altsteinzeit. Bereits vor mehr als 100 Jahren entdeckten Wissenschaftler dort zwischen Steingeräten, Knochenspitzen und Jagdbeuteresten eiszeitlicher Tiere auch Menschenknochen. Grabungen der 1960er Jahre lieferten weitere menschliche Überreste, so dass der Forschung insgesamt 63 Knochen von zehn Individuen aus der Zeit vor 18.000 Jahren für die Untersuchung zur Verfügung standen. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt im Fachmagazin "Scientific Reports" veröffentlicht.

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