Stand: 16.04.2017 09:56 Uhr

Hanfbar: Nicht kiffen, sondern kosten

von Sabine Hausherr

Ein Laden voll mit Hanf, mitten im Braunschweiger Uni-Viertel: In der Vitrine liegen sorgfältig geformte, pralinenähnliche Kugeln. Hanfsamen lagern in einem großen Glas. Hanföl steht in einer Karaffe hinter der Theke. Viele neugierige Passanten kommen in diesen Tagen herein und fragen sich, was es mit der ersten Hanfbar Deutschlands auf sich hat. Doch zu rauchen gibt es hier nichts. Und die vermeintlichen Hasch-Kugeln entpuppen sich zwar als sehr lecker, doch eine berauschende Wirkung - im medizinischen Sinne - kann man auch nach dem Genuss von fünf Kugeln beim besten Willen nicht feststellen. "Das liegt daran, dass hier nur die Hanfsamen vom sogenannten Nutzhanf verarbeitet werden", sagt Marcel Kaine. Bei dem ist der Anteil des berauschenden Tetrahydrocannabinol (THC) verschwindend gering. "Stattdessen enthalten die Samen jede Menge gesunde Nährstoffe wie Vitamine, Eiweiß und mehrfach ungesättigte Fettsäuren", betont er. "Doch das wissen die wenigsten." Geschmacklich erinnern sie an Mandeln oder Sonnenblumenkerne.

Hanf fristet in Deutschland noch immer ein Schattendasein

Zusammen mit seiner Freundin Amina Zukic will der 25-Jährige jetzt dafür sorgen, dass Hanfsamen und Hanföl stärker ins Bewusstsein kommen und als wertvolle Lebensmittel anerkannt werden. Bei Hanf denken die meisten eben doch vor allem an Marihuana. Dabei ist Hanf eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt. Doch lange Zeit war der Anbau von Hanfpflanzen in Deutschland verboten. Denn die Blüten der weiblichen Pflanzen enthalten das berauschende THC. Aber es gibt verschiedene Hanfsorten. Sorten wie etwa "Nutzhanf", die weniger als 0,2 Prozent des berauschenden THC enthalten, dürfen seit 1996 in Deutschland wieder legal angebaut werden. Die "Nutzhanf"-Plantagen werden dabei vom Bund streng überwacht. Der Anbau von Marihuana bleibt weiterhin strafbar.

Experimentierküche mit Freunden

Seit zwei Jahren experimentieren der 25-Jährige und die 18-Jährige nun mit Hanfsamen, Hanfmehl, Hanföl und mit Hanfmilch. Zunächst servierte er nur Freunden seine kleinen Leckereien, doch vor Kurzem hat er seinen ersten eigenen Laden in Braunschweig aufgemacht. Seitdem bereitet er Shakes und Smoothies mit Hanfsamen zu. Seine Freundin fertigt von Hand pralinenähnliche Kugeln mit getrockneten Datteln, Kokos, Haferflocken, Sesammus - und eben mit Hanfsamen. Und auch ein Rezept für einen Salat mit Hanf haben die jungen Gründer entwickelt. Den Hanf beziehen sie aus dem niedersächsischen Jesteburg im Landkreis Harburg. Darauf legen sie besonders Wert. Denn viele Hanfsamen kommen nach wie vor aus China, weil der Hanfanbau in Deutschland lange Zeit verboten war.

Hanf ist vielfältig einsetzbar

Doch nicht nur als Lebensmittel ist Hanf vielseitig einsetzbar. Aus den Hanffasern können Seile, Kleidung und Papier hergestellt werden. Und auch die Bauindustrie hat Hanf längst als ökologischen Dämmstoff entdeckt. Die Samenreste, die nach der Ölgewinnung übrig bleiben, werden als Tierfutter verwendet. Das wird es in der Hanfbar vermutlich nicht zu kaufen geben, dafür sollen in Zukunft aber noch viel mehr Lebensmittel aus Hanf angeboten werden. Denn in den nächsten Wochen und Monaten wollen die beiden Gründer viele neue Rezepte entwickeln. "Das ist erst der Anfang", sagt Marcel Kaine.

Dieses Thema im Programm:

Mein Nachmittag | 10.02.2017 | 16:20 Uhr

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