Beweise gefunden: Bärenfell hielt den Menschen schon früh warm
Ein Forschungsteam hat Knochen von Bären untersucht, die vor rund 300.000 Jahren im Harz gelebt haben. Jetzt gibt es konkrete Hinweise darauf, dass Menschen zu dieser Zeit bereits Bären für Kleidung jagten.
Der Ort Schöningen im Landkreis Helmstedt ist durch die Speere bekannt geworden, die im ehemaligen Tagebau entdeckt wurden. Sie sind die ältesten vollständig erhaltenen Holzwaffen der Menschheitsgeschichte. Noch immer werden die Funde ausgewertet. Ein Forschungsteam der Universität Tübingen und des Senckenberg Centres for Human Evolution and Palaeoenvironment widmet sich aktuell den Spuren auf Knochen. Der acht Zentimeter große Knochen, der jetzt für Aufmerksamkeit sorgt, stammt von einem Höhlenbären.
Kleine Schnittspuren auf dem Mittelfußknochen
Bei dem Knochen handelt es sich um einen Mittelfußknochen. Nur mit einem Vergrößerungsglas sind die kleinen Schnittspuren erkennbar - höchstens acht Millimeter sind sie lang. Der Wissenschaftler Ivo Verheijen, der den Knochen genauer untersucht hat, interpretiert diese Schnittspuren als Beweis dafür, dass der Mensch schon vor 300.000 Jahren Bärenfelle genutzt haben muss, um sich vor Kälte zu schützen. Bis zu dieser Entdeckung gab es nur die Annahme, dass der Mensch in der Altsteinzeit Kleidung getragen hat. Damit gehören die Schnittspuren weltweit zu den ältesten Belegen ihrer Art.
Fell wurde wahrscheinlich abgenommen
"Es sind eindeutig Schnittspuren, da gibt es keinen Zweifel dran", sagte Verheijen dem NDR in Niedersachsen. Die feinen Schnitte an den Seiten der Knochen seien gut zu sehen. "Das deutet darauf hin, dass das Fell der Bären abgenommen wurde." Schnittwunden auf Knochen würden oft als Hinweis auf die Verwertung von Fleisch interpretiert. An Hand- und Fußknochen sei jedoch kaum Fleisch zu gewinnen.
Menschen könnten auch Bären gejagt haben
Viel mehr geht Verheijen davon aus, dass der sogenannte Homo heidelbergensis neben Pferden auch Raubtiere wie Bären gejagt haben muss - vermutlich auch mit den Schöninger Speeren. "Wenn Bären tot sind, fangen die Haare an auszufallen", erklärt er. Damit sei das Fell nutz- und wertlos. Verheijen geht deshalb davon aus, dass die Menschen die Bären selbst gejagt haben. Ein weiteres Indiz für diese These: An der archäologischen Fundstelle wurden ausschließlich erwachsene Tiere gefunden.
Was die Fundstelle in Schöningen so besonders macht
Jordi Serangeli ist der Grabungsleiter in Schöningen. "Schöningen ist die beste Fundstelle für diese Zeit", sagt er. "Wenn ich Vorträge in USA und Frankreich halte, bekommen meine Kollegen Tränen in die Augen, weil die Erhaltung fantastisch ist. Und dass man Schnittspuren an einem Fleischfresser findet, das bedeutet, dass der Mensch mit den Speeren an der Spitze der Nahrungskette stand." Nicht unwahrscheinlich, dass es in Zukunft weitere Entdeckungen aus Schöningen geben wird: Noch sind nicht alle der 20.000 Knochenfunde untersucht.