Bad Gandersheim: Bürgermeisterwahl ungültig - Rat prüft Berufung
Die Bürgermeisterwahl in Bad Gandersheim (Landkreis Northeim) muss möglicherweise wiederholt werden. Das Verwaltungsgericht Göttingen hat entschieden, dass die Wahl im September 2021 ungültig war.
Bürgermeisterin Franziska Schwarz (SPD) habe ihr Amt ausgenutzt, um verdeckt Wahlkampf zu führen, urteilte das Gericht. Jetzt prüfe die Stadt eine Berufung gegen das Urteil. Das teilte die Verwaltung am Freitag mit. Sobald das schriftliche Urteil vorliegt, können der Rat oder die Bürgermeisterin innerhalb eines Monats einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg stellen. Sollten sie das nicht tun, wird das Urteil rechtskräftig. Der Stadtrat wäre dann verpflichtet, die Wahl für ungültig zu erklären. Dann müsste neu gewählt werden, voraussichtlich zeitgleich mit der Europawahl im Juni. Bis zur Rechtskraft des Urteils werde die amtierende Bürgermeisterin ihr Amt weiter ausführen, heißt es in der Mitteilung der Verwaltung.
Bürgermeisterin führte "Gespräche über den Gartenzaun"
Schwarz, die seit 2014 im Amt ist und im September 2021 wiedergewählt wurde, reagierte auf Anfrage des NDR Niedersachsen überrascht. Sie habe in den 15 Dörfern, die zu Bad Gandersheim gehören, schon seit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 regelmäßig "Gespräche übern Gartenzaun" geführt, um Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern zu halten. Das habe sie auch in den folgenden Jahren fortgesetzt.
Gericht: Schwarz hat gegen Neutralitätspflicht verstoßen
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Göttingen hat die Bürgermeisterin aber als Amtsträgerin bei ihren Gartenzaun-Gesprächen kurz vor dem Wahltermin im September 2021 gegen die Neutralitätspflicht verstoßen. Die Bürgermeisterin sei nicht offen als Privatperson und Wahlkämpferin in eigener Sache aufgetreten. Sie habe vielmehr als Bürgermeisterin Termine ohne konkreten Anlass in die Wochen unmittelbar vor dem Wahltermingelegt und dabei wahlkampfrelevante Themen behandelt. Die Stadt Bad Gandersheim habe die Termine auf ihrer Internetseite ausdrücklich in einer Rubrik "Kommunalwahlen Kandidatur" angekündigt. Außerdem seien die Gespräche auch auf den Social-Media-Kanälen der Stadt verbreitet worden und könnten somit wahlbeeinflussend gewesen sein. Zumal im ersten Wahlgang nur 182 Stimmen über den Einzug von Franziska Schwarz in die Stichwahl entschieden haben. Daher sei es möglich, dass das Wahlergebnis ohne den Rechtsverstoß anders ausgefallen wäre, urteilte das Verwaltungsgericht.
CDU-Politiker bekommt vom Verwaltungsgericht Göttingen Recht
Der damalige CDU-Ratsherr Timo Dröge hatte das genauso gesehen und daher im Stadtrat von Bad Gandersheim Einspruch gegen die Wahl eingelegt. Damit war er jedoch gescheitert. Der Rat war der Ansicht, dass es sich um "zulässige amtliche Repräsentationsaufgaben und die Fortführung einer bereits im Vorjahr begründeten Tradition" gehandelt habe. Der CDU-Politiker hatte daher vor dem Verwaltungsgericht Göttingen geklagt und jetzt Recht bekommen.