Bürgerwehr-Aufruf: Bürgermeister äußert "absolutes Unverständnis"
Unbekannte haben in Osloß im Landkreis Gifhorn Flugblätter verteilt. Dort wird zur Bildung nächtlicher Bürgerwehr-Patrouillen aufgerufen. Die Aktion stößt beim Bürgermeister auf "absolutes Unverständnis".
Laut Bürgermeister Axel Passeier (SPD) sei die Kriminalität in Osloß, neun Kilometer nordwestlich von Wolfsburg, "verschwindend gering". Die Polizei habe ihm gesagt, die Kriminalität in Osloß sei "statistisch nicht erwähnenswert". "Natürlich ist immer wieder ein Blumentopf weggekommen", stellt er klar. Aber das sei es dann im Große und Ganzen auch schon mit der Kriminalität in der Gemeinde. Dafür erhalte er seit Tagen aufgeregte Anrufe von besorgten Bürgern, die wissen wollten, was in Osloß los sei, berichtet Passeier im Gespräch mit NDR Niedersachsen. Auch die Polizei bestätigte dem NDR, dass die Kriminalität vor Ort nicht gestiegen sei.
Aufruf zu Bürgerwehr-Patrouillen: Staatsschutz ist involviert
Besonders ärgerlich findet der Bürgermeister, dass die Flugblätter anonym verfasst wurden. Niemand im Ort habe sich bislang dazu bekannt, diesen Aufruf verfasst zu haben. Passeier vermutet, dass möglicherweise versucht werde, diffuse Ängste zu schüren - vielleicht auch im Zusammenhang mit den im Dorf lebenden Geflüchteten. "Dabei gibt es keinerlei nennenswerte Probleme mit der Integration", betont er. Direkt nach dem Auftauchen der Flyer hat der Bürgermeister die Polizei eingeschaltet, die nun gegen Unbekannt ermittelt. Auch der Staatsschutz ist mittlerweile involviert, um herauszufinden, wer hinter der Verbreitung der Flugblätter steckt.
Expertin: Rechtsextreme nutzen Bürgerwehren politisch
Auch die Politikwissenschaftlerin Nina Marie Bust-Bartels kann nur Vermutungen anstellen, wer hinter den Flugblättern stecken könnte. Für Bust-Bartels, Autorin des Buchs "Bürgerwehren in Deutschland", sind Anerkennung und die Inszenierung als Beschützer mögliche persönliche Motive, weshalb Menschen zur Gründung einer Bürgerstreife aufrufen. Nicht selten würden solche Initiativen auch aus einem bestimmten politischen Spektrum gefordert, das damit politische Ziele verfolge. "Bürgerwehren werden gezielt von rechtsextremen Akteuren genutzt", so Bust-Bartels. Rechtsextreme würden auf diese Weise das Gewaltmonopol des Staates infrage stellen und ein Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung befördern, sagte die Wissenschaftlerin dem NDR Niedersachsen.