Wohnungen voll Schimmel: Mieter kämpfen um ihre Wohnqualität
Bereits seit Jahren gibt es Klagen von Mietern über Schimmel-Befall in der Northeimer Südstadt. Das Problem: Baumängel an Mehrfamilienhäusern. Und der Vermieter? Der kümmert sich nicht, beklagen die Mieter.
Yasin Abdullah nimmt ein weißes Tuch und wischt einmal über die Wand. Jetzt ist das Tuch schwarz. Seit vier Jahren wohnt Abdullah in der Mietwohnung in der Albrecht-Dürer-Straße in Northeim, gemeinsam mit seiner Frau und seinen drei Kindern. Der Schimmel kam schon im ersten Jahr. "Erst haben wir uns gewundert, warum die Wände immer wieder nass sind. Und dann wurden die Wände plötzlich schwarz. Da wussten wir, etwas stimmt hier nicht", erzählt er.
Schimmel-Befall in Wohnungen - seit Jahren
Abdullah und seine Familie sind nicht die einzigen Mieter, die unter dem Schimmel-Befall leiden. Zahlreiche Nachbarn beklagen seit Jahren ähnliche Probleme in ihren Mietwohnungen. Im Dezember 2022 wurde deshalb die Mieter-Initiative Northeim gegründet, die die Mieterinnen und Mieter in Verbraucherfragen berät und auch bei behördlichen Angelegenheiten unterstützt. Dennoch habe sich seit dem letzten Jahr nicht viel getan, so die Mieter. "Das Problem an den Wohnungen ist nicht, dass die Mieter nicht ausreichend lüften", erklärt Bärbel Swinfen, Gründerin der Mieter-Initiative. Vielmehr liege es an Baumängeln an den Hauswänden: "Die Außenhülle der Häuser ist komplett beschädigt. Die Betonplatten stoßen aufeinander, weil kein Putz mehr dazwischen ist", so Swinfen. Dadurch fehle es an Wärmedämmung und die Feuchtigkeit komme in die Wohnungen. Viele der Wohnblöcke seien seit 60 Jahren nicht saniert worden.
Auch Heizungen funktionieren oft nicht
Der Schimmel sei nicht das einzige Problem, unter dem die Mieterinnen und Mieter der Northeimer Mehrfamilienhäuser leiden. Auch die Heizungen funktionierten oft nicht. "Ich hatte im Februar in meiner Wohnung tagelang nur elf Grad", erzählt eine Mieterin. "Und das, obwohl die Heizung komplett aufgedreht war. Ich habe natürlich versucht, dem Vermieter Bescheid zu geben. Aber es kam nie eine Antwort." Auch das Warmwasser und das Kabelfernsehen würden regelmäßig komplett ausfallen.
Wenn auch Miet-Kürzungen nichts mehr bringen
Laut Nebenkostenabrechnungen gehören die Wohnblöcke zu "Silver Wohnen Northeim GmbH" - einer Wohnungsbaugesellschaft aus Northeim. Diese würde sich nicht ausreichend kümmern. "Wenn wir versuchen, da anzurufen, geht entweder keiner ran oder man hängt stundenlang in der Warteschleife", kritisiert Swinfen. Das Verwaltungsbüro in Northeim sei schon lange nicht mehr besetzt, und auch die E-Mail-Adresse auf den Abrechnungen funktioniere nicht. "Man fühlt sich einfach hilflos. Den Vermietern scheint es komplett egal, wie es uns geht. Denen geht es nur um das Geld", so Abdullah. Auch, wenn die betroffenen Mieterinnen und Mieter ihre Miete kürzen würden, käme keine Reaktion. "Ich habe jetzt zwei Mieten in zwei Schimmel-Wohnungen auf null gesetzt. Das heißt die Mieter zahlen nur noch Nebenkosten. Das interessiert die Vermieter nicht", sagt Swinfen. Die Miete ganz zu streichen, wolle sie jedoch nicht riskieren. Denn dann könne den Mieterinnen und Mietern gekündigt werden - und sie hätten keine Alternative.
In Northeim fehlt es an bezahlbarem Wohnraum
Viele der Mieterinnen und Mieter suchen momentan nach einer neuen Wohnung. Doch das sei in Northeim nicht so einfach. "Natürlich wollen die Mieter hier raus. Aber es gibt in Northeim einfach nicht genug Wohnungen, die bezahlbar sind. Und dann leben die Menschen lieber hier als auf der Straße", erklärt Swinfen. Die 56-Jährige fordert die Stadt Northeim deshalb auf, aktiv zu werden - zum Beispiel, indem die Stadt Wohnblöcke ankauft und dort vernünftige Verhältnisse schafft. Außerdem sei ein eigener Mietspiegel für die Stadt Northeim wichtig. Denn diesen gebe es momentan nicht, und so könne Silver Wohnen GmbH überhöhte Mieten verlangen. Die Mietpreise der Gesellschaft lägen deutlich über den aktuellen Durchschnittspreisen in Northeim.
Stadt Northeim ist in Kontakt mit Vermietern
Im Gespräch mit dem NDR betont Northeims Bürgermeister Simon Hartmann (SPD), dass er sich der schwierigen Situation der Mieterinnen und Mieter bewusst sei. Er versuche seit Jahren, die Eigentümer der Wohnblöcke zum Handeln aufzufordern und stehe immer wieder in Kontakt mit der Wohnungsbaugesellschaft. Jedoch sei es auch für ihn nicht immer leicht, die Vermietung zu erreichen. "Ich muss sagen, dass die Kommunikationswünsche vielfach von uns ausgegangen sind. Wir haben schriftlich Kontakt gesucht, wir haben über telefonische Kontakte versucht, ins Gespräch zu kommen. Das hat einige Zeit gedauert." Jetzt aber habe Silver Wohnen mitgeteilt, dass die Firma einen konkreten Sanierungsplan entwickle. Dieser beinhalte sowohl Sanierungen einzelner Wohnungen als auch die Instandsetzung von Leitungen. "Ich hoffe sehr, dass uns dieser Sanierungsplan auch zeitnah vorgelegt wird. Wir bieten auch ausdrücklich an, dass wir die Sanierung im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen", so der Bürgermeister. Für die kommenden Wochen sei nun ein persönliches Treffen von Stadt und Vermietung geplant, bei dem die Probleme vor Ort begutachtet und konkrete Pläne formuliert werden sollen.