"WattnExpress" fährt Spiekeroog nur noch tideabhängig an
Die schlechten Nachrichten um den "WattnExpress" reißen nicht ab: Jetzt stellt sich heraus, dass die Schnellfähre bei Niedrigwasser in Neuharlingersiel nicht auslaufen kann. Schuld ist der Ostwind.
Viele Inseln sind nur tideabhängig erreichbar. Die großen Seebäderschiffe pflügen dann gemächlich durch das Wattenmeer, die Überfahrt dauert rund eine Stunde. Aber nicht alle Urlauber wollen es so gemütlich. Für sie beginnt die viel zitierte Entschleunigung erst auf der Insel und nicht schon auf dem Weg dorthin. Da kann es nicht schnell genug gehen. Um diesem Urlaubstyp, aber auch den Pendlern und Handwerkern entgegenzukommen, hat Spiekeroog auf eine schnelle, tideunabhängige 50-Personen-Fähre gesetzt, die auch bei Niedrigwasser verkehren sollte - häufige Überfahrten garantiert. Aber die Pleiten, Pech und Pannen verfolgen den "WattnExpress" weiter: Wie auch die großen Seebäderschiffe muss auch die Schnellfähre auf Hochwasser warten.
Meeresgott erhört Möller nicht
Hätte Meeresgott Neptun doch bloß den Wunsch von Staatssekretärin Siemtje Möller (SPD) aus Varel (Landkreis Friesland) erfüllt, die dem "WattnExpress" bei der Taufe im vergangenen Dezember stets eine Handbreit Wasser unterm Kiel gewünscht hat. Das hätte er dringend nötig. Denn gerade bei Niedrigwasser gelangt der Hafenschlick von Neuharlingersiel ins Kühlsystem, bremst die Schnellfähre aus und verursachte aufwendige Reparaturen.
Ostwind in Neuharlingersiel wird zum Problem
Das Schlickproblem in Neuharlingersiel ist bekannt, deshalb wurde der Liegeplatz im Hafen extra ausgebaggert, setzt sich aber schneller wieder zu als gedacht. Und das war auch der Grund, warum der "WattnExpress" auch bei Ostwind, der das Wasser aus dem Hafen treibt, gar nicht erst ablegen konnte. Fahrgäste mussten kurzfristig auf die großen Seebäderschiffe umgebucht werden.
Neue Pumpen und ein neues Kühlsystem
Das will die Nordseebad Spiekeroog (NSB) Urlaubern und Pendlern nicht weiter zumuten. Sie zieht jetzt die die Reißleine: Robustere Pumpen und ein neues Kühlsystem sollen eingebaut werden, sagt Geschäftsführer Ansgar Ohmes. Allerdings erst im Herbst, wenn die Hauptsaison vorbei ist. So lange möchte man aber nicht komplett auf die Schnellfähre verzichten, deshalb fährt sie ab Montag tideabhängig also nicht mehr so häufig wie geplant. Immerhin: Die Zeitersparnis bleibt. Die Überfahrt dauert weniger als 30 Minuten. Ohmes ist zuversichtlich, dass die kommunale Inselreederei das Ruder herumreißen kann und die Probleme in den Griff bekommt: "Seit 100 Jahren betreiben wir die Fährlinie zum Festland."
Chronologie der Pannen
Stolz verweist der NSB-Geschäftsführer auf "eine Pünktlichkeit von 98 Prozent". Das war allerdings vor dem "WattnExpress". Schon der Start der Schnellfähre war schwierig: Die Taufe war für August 2022 geplant, aber die Bauzeit auf der indonesischen Reederei dauerte länger. Bei Ankunft im vergangenen Winter hatte das Schiff Wasser in der Maschine, durch die Dauer der Reparatur war das Weihnachtsgeschäft verloren. Im März dann ein Totalschaden und Warten auf Ersatzteile inklusive Reparatur. Und immer wieder das Ostwind-Problem. Wochenlang war die Schnellfähre außer Betrieb.
"Wattsprinter" sprintet auch nur noch bei Hochwasser
Das hat sich offenbar auf den anderen Inseln herumgesprochen. Der baugleiche "Wattsprinter" von Harlesiel nach Wangerooge fährt jedenfalls vorerst auch nur bei Hochwasser. Staatssekretärin Möller musste zur Taufe des "WattnExpress" vergangenen Dezember auf Spiekeroog übrigens das große Seebäderschiff nehmen. Der Ponton für den Anleger der Schnellfähre in Neuharlingersiel war noch nicht fertig.