Sanierung des Dethlinger Teichs steht bevor - Experten vor Ort
Noch dieses Jahr soll die Sanierung des Dethlinger Teichs bei Munster im Heidekreis starten. Die Bergung von Granaten, Munition und Giftmüll wird lange Zeit dauern und mehrere Millionen Euro kosten.
Es kommt Leben in den Sperrbereich: Vergangene Woche ist das Projekt Dethlinger Teich offiziell gestartet. Die Spezialkräfte sind angekommen. Sie sollen in den kommenden Jahren die wohl bundesweit einmalige Rüstungsaltlast bergen. Eigentlich sollte die Bergung schon im August beginnen. Wegen Lieferschwierigkeiten verschiebt sich der Start nun aber in den Oktober - es fehlt eine Schutzbelüftungsanlage. Wie viele Granaten, Munition und Giftstoffe in dem Gebiet genau liegen, weiß niemand. Es gibt keine schriftlichen Dokumente über die dort entsorgten Kampfmittel. Auch das macht den Einsatz so gefährlich. Die Altlasten werden auch 30.000 Kubikmeter geschätzt.
Erst mal wird geprobt
Bevor geborgen wird, müssen daher die Abläufe geprobt werden: "Die ganzen Handlungsabläufe, Rettung, Bergung, Materialtransport, aber auch die ganz normalen Arbeitsabläufe, Dekontamination, Erfassung der Munition - diese Kombination müssen ja erst mal alle Mitarbeiter verinnerlichen", sagt Casten Bubke. Er ist Umwelttechniker beim Heidekreis und Koordinator für das Bergungsprojekt.
Sicherheit hat immer Priorität
Die Abläufe rund um die Bergung sind gut durchdacht, denn die Arbeit dort ist gefährlich. Zum Schutz der Umwelt gibt es Erdwälle und Splitterschutzvorrichtungen, für den Fall, dass doch etwas explodieren sollte. Und das gesamte Gelände wurde mit einer 10.000 Quadratmeter großen Halle überdacht. Rein und raus geht es durch Sicherheits- und Dekontaminierungsschleusen. Aus Sicherheitsgründen können immer nur zwei Arbeiter und ein Geräteführer gleichzeitig in der Halle sein. Die Arbeiter tragen dabei Schutzanzüge und Atemschutz. Sie können genau 84 Minuten am Stück arbeiten - dann ist Pause.
Dethlinger Teich wurde eine Munitionsmüllhalde
Über Jahre wurde der Dethlinger Teich genutzt, um alles Mögliche an Kampfstoffen loszuwerden. Bis zu 30.000 Granaten sollen dort liegen. Ursprünglich war der Teich mal eine Kiesgrube, zehn bis zwölf Meter tief. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden dann chemische Waffen dort entsorgt. Vermutet wird auch, dass die britische Royal Army dort alte Wehrmachtbestände versenkt hat. 1952 wurde der Teich mit altem Bauschutt zugeschüttet und eine Sperrzone errichtet.
Ein langer Weg bis zur Sanierung
Dann passierte lange nichts. Bürgerinitiative und Anwohnende kämpften jahrzehntelang für eine fachgerechte Entsorgung. Immer wieder warnten sie davor, dass die Altlasten das Grundwasser belasten würden. 2015 kam dann Bewegung in das Thema. Das Grundwasser rund um den Dethlinger Teich wurde in den Folgejahren beprobt und Abbauprodukte der Kampfstoffe gefunden. Im Januar 2022 starteten die Vorbereitungen für die Sanierung - unter anderem wurde das Grundwasser gesenkt und gereinigt. Im Januar 2023 feierte die Schutzhalle Richtfest - im Juni war sie auf die heutige Größe mit mehreren Zelten und Schleusen angewachsen.
Bergung der Altlasten wird mehr als 80 Millionen Euro kosten
Für das Projekt wurde extra ein Spezialbagger in Delmenhorst angefertigt. Er hat einen Elektroantrieb, damit kein Diesel in die dann geöffnete Grube laufen kann. Der erste Schritt wird sein, das betroffene Gelände bis etwa zwei Meter Tiefe abzutragen. Wann genau die ersten gefährlichen Teile geborgen werden, ist noch nicht festgelegt. Klar ist aber: Jedes Stück Kampfstoff muss dokumentiert und der Kontrollstelle der OPCW (Organisation für das Verbot chemischer Waffen) in Den Haag gemeldet werden. Vernichtet werden sie dann bei der wenige Kilometer entfernten Gesellschaft zur Entsorgung chemischer Kampfstoffe und Rüstungs-Altlasten in Munster. Mehr als 80 Millionen Euro wird die Bergung der Altlasten aus dem Teich im Heidekreis wahrscheinlich kosten.
Sanierung wird Jahre dauern
Fünf Jahre sind bisher für die Sanierung angesetzt. "Das ist definitiv eine Lebensaufgabe", so Carsten Bubke, der Koordinator beim Heidekreis. "Ich bin ja auch schon ziemlich von Anfang an dabei. Es wird vielleicht fünf Jahre plus X dauern und das wird mich dann auch tatsächlich bis zu meinem Arbeitsende begleiten." Für die Bürgerinitiative und die Anwohnenden am Dethlinger Teich ist die Sanierung das lang erwartete Ergebnis ihrer Mühen. Sie müssen jetzt nur noch die Straßensperrungen aushalten, wenn die Funde abtransportiert werden. Für das Team rund um Carsten Bubke geht es jetzt erst so richtig los.