Reichsbürger-Debatte im Landtag: AfD-Politiker geht Pistorius an

Stand: 14.12.2022 21:30 Uhr

Klaus Wichmann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, hat den ersten Ordnungsruf im neuen Niedersächsischen Landtag kassiert. Anlass war die Reichsbürger-Debatte am Mittwoch.

Wichmann hatte in einer emotionalen Rede Innenminister Boris Pistorius (SPD) direkt angesprochen: "Herr Pistorius, ich lege Ihnen dringend einen Arztbesuch ans Herz. Das ist krankhaft, was Sie da machen." Landtagspräsidentin Hanna Naber (SPD) verwarnte Wichmann daraufhin. Regierungschef Stephan Weil (SPD) dankte der Landtagspräsidentin für den Ordnungsruf. "Die Mitglieder der Landesregierung sind kein Freiwild", sagte der Ministerpräsident. Er sprach von einer "bodenlosen Entgleisung" und bat den Ältestenrat, sich zum Schutz der Würde des Landtags mit dem Vorfall zu befassen.

VIDEO: Niedersachsen: Grüne fordern AfD-Verbot im Landtag (1 Min)

Pistorius: Reichsbürger sind eine "ernstzunehmende Bewegung"

Innenminister Pistorius selbst ignorierte in seiner Rede die Äußerung Wichmanns. Bezogen auf die Reichsbürger sagte der SPD-Politiker, dass es zu keiner Verharmlosung kommen dürfe. "Das hier ist eine ernst zu nehmende Bewegung, mit der wir es zu tun haben, unabhängig davon, ob der Umsturz tatsächlich unmittelbar bevorstand. Hier gab es kriminelle Energie, hier gab es Pläne, den Bundestag zu stürmen, hier gab es die Absicht, Abgeordnete zu verhaften und wer das nicht ernst nimmt, steht auf der Seite dieser Verschwörer", sagte Pistorius. Es handle sich auch mitnichten um "Rollatorputsch", als welchen ihn die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, bezeichnet habe.

Klaus Wichmann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, spricht mit erhobenem Zeigefinger während einer Sitzung des Landtags. © picture alliance/dpa | Sina Schuldt Foto: Sina Schuldt
Die Äußerungen des Abgeordneten Wichmann zogen den ersten Ordnungsruf im neuen niedersächischen Landtag nach sich.
Wichmann bezieht sich auf Ex-Innenminister Schily

Auch Wichmann hatte zuvor diesen Begriff in Bezug auf die Pläne benutzt. Er verwies auch darauf, dass noch unklar sei, wie konkret die Umsturzpläne tatsächlich gewesen seien. Es spreche einiges dafür, dass die Verschwörer eher als "skurrile Spinner-Truppe" denn als tatsächliche Bedrohung anzusehen seien, zitierte Wichmann aus einem Interview der "Welt" mit dem ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD). Der AfD-Politiker stellte sich auch gegen Verdächtigungen, wonach seine Partei "hier irgendwie die Hände im Spiel hätte". Diese Unterstellung sei "grotesk", sagte Wichmann. Pistorius hatte am Wochenende der "Bild"-Zeitung gesagt, er sehe "große Schnittmengen" zwischen AfD und Reichsbürger-Szene.

Ehemalige Bundestagsabgeordnete der AfD unter den Festgenommenen

Die Bundesanwaltschaft hatte vergangene Woche bei einer Razzia im Reichsbürger-Milieu 25 Menschen festnehmen lassen, darunter eine ehemalige Bundestagsabgeordnete der AfD. 22 von ihnen sollen Mitglied einer terroristischen Vereinigung sein, die das politische System in Deutschland stürzen wollte.


14.12.2022 17:13 Uhr

Transparenzhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels fehlte in der Zwischenüberschrift der Hinweis darauf, dass es sich bei der Festgenommenen um eine ehemalige Bundestagsabgeordnete handelt. Im anschließenden Text war dieser Hinweis jedoch vorhanden. Daher haben wir die Zwischenüberschrift angepasst.

 

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Hallo Niedersachsen | 14.12.2022 | 19:30 Uhr

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