KI für besseres Recycling: App soll bei Mülltrennung helfen
Die richtige Mülltrennung überfordert viele Privathaushalte. Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, wie ein Wolfsburger Forschungsprojekt gerade erprobt.
Eigentlich ist Mülltrennung eine Disziplin, in der es die Deutschen zu Meisterschaft gebracht haben - nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden etwa im Jahr 2023 rund 11,2 Millionen Tonnen Wertstoffe eingesammelt. Aber ein feindliches Element stellt sich dieser Meisterschaft immer wieder entgegen: Fehlwürfe. "Fehlwürfe sind, dass Gegenstände in der falschen Mülltonne landen, also falsch entsorgte Gegenstände", sagt Max Ehleben. Der Professor für Kunststofftechnik und Faserverbundstoffe hat ihnen den Kampf angesagt.
Ehleben leitet das Institut für Recycling an der Ostfalia Hochschule in Wolfsburg. Dort wird die "Wertis-KI" mitentwickelt, eine Smartphone-App, die als Alltagsbegleiter das richtige Müllentsorgen erleichtern soll. Ziel ist, die Recycling-Quote zu steigern, also den Anteil des wiederverwerteten Abfalls. Dazu gehöre eine sortenreine Sortierung, so Ehleben. "Fehlwürfe erschweren diese ganzen Recycling-Prozesse enorm."
Glascontainer, Wertstoffhof oder Repaircafé?
Die Anwendung ist KI-basiert und soll über die Handy-Kamera Gießkanne, Pfandflasche oder altes Mobiltelefon erkennen und den geeigneten Entsorgungsweg vorschlagen, etwa Glascontainer, Wertstoffhof oder Repaircafé. Die Idee der App gehe somit über den reinen "Was gehört in welche Tonne"-Ansatz hinaus, erläutert Ehlebens Mitarbeiterin Lisa Klatt. Wenn Dinge noch funktionsfähig seien oder repariert werden könnten, solle "Wertis-KI" Anlaufstellen für eine fachgerechte Weiterverwendung aufzeigen. Die Abfallwirtschafts- und Beschäftigungsbetriebe Landkreis Peine sind ebenfalls an dem Projekt beteiligt.
Studenten liefern Trainings-Daten für "Wertis-KI"
Bevor "Wertis-KI" bei der Müllentsorgung helfen kann, muss die Software lernen, Materialien und Konsumartikel zu identifizieren und zuzuordnen. Studentische Hilfskräfte erfassen Daten, um die KI zu füttern. Dazu machen sie Fotos, zum Beispiel von einem Trinkglas, wie Klatt demonstriert. Menschen wüssten durch ihre Erfahrung, wie ein Glas aussieht. Um dieses Verständnis zu entwickeln, brauche die KI dazu Bilder aus möglichst vielen Blickrichtungen. "Das ist dann schon die erste Hierarchiestufe unserer Klassifikation", sagt Klatt. Per Klick definieren die Hilfskräfte zudem Materialien wie Kunststoffe, Glas, Metall, Holz. Weitere Kategorien und Klassifikationen folgen, und am Ende wird jedem Artikel im Idealfall genau ein Entsorgungsweg zugeschrieben.
Falsche Mülltrennung kann gefährlich werden
Eine Berliner Firma entwickelt aus den Daten die KI-gestützte Software für die "Wertis-KI"-App. Noch ist sie im Forschungs-Stadium, das Projekt läuft noch ein Jahr. Durch schlechte Mülltrennung gehen nicht nur Wertstoffe verloren. Inkorrektes Wegschmeißen ist auch gefährlich. Projektleiter Ehleben erzählt, dass täglich in Deutschland etwa 30 Brände durch falsch entsorgte Akkus entstehen: "So ein Akku von einem Handy hat etwa den Energiegehalt einer Handgranate. Wenn der in einer Schredderanlage landet und kleingemahlen wird, entsteht sehr viel Energie und sehr viel Wärme." Solche Brände in Recycling-Betrieben, wo viele Abfälle vor allem auch aus Kunststoff im Spiel sind, seien schlecht in den Griff zu bekommen. Fahrzeuge und ganze Sortieranlagen gehen so verloren.
Blinkende Turnschuhe, E-Zigaretten, selbst EC-Karten gehören eigentlich in den Elektroschrott. All das und mehr soll die "Wertis-KI" einmal verinnerlicht haben - und uns so beim Gang zur Mülltonne hilfreich zur Seite stehen.