KI aus Hannover soll Schmerzen bei Katzen besser erkennen

Stand: 15.08.2023 10:40 Uhr

Künstliche Intelligenz (KI) soll erkennen, ob Katzen an Schmerzen leiden. In Hannover wird das zurzeit erforscht. Ein Ziel ist, die Behandlung schonender für die Tiere zu machen.

von Larissa Mass

Der Siam-Kater "Osiris" ist Studienteilnehmer an der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo). Er soll für die Weiterentwicklung einer App auf Schmerzen getestet werden. Die Studie wurde schon an mehr als 800 Katzen durchgeführt, unter anderem auch Katzen von Mitarbeitenden der Hochschule. Die Besitzerin von "Osiris" ist ebenfalls Tierärztin an der Hochschule. Vanessa Rupp kann ihre beiden Katzen mit ihrem Fachwissen gut deuten, weiß aber auch, dass das bei Katzen nicht so leicht ist. "Sie können gut verstecken, wie es ihnen geht. Vielleicht essen sie weniger, wenn sie Schmerzen haben, aber fragen kann man sie nicht direkt." Deswegen möchte Rupp die Weiterentwicklung der App mit der Teilnahme ihres Katers unterstützen.

"Katzen wollen keine Opfer sein"

Ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der Universität Haifa und der TiHo arbeitet an der Entwicklung der App. Zwei verschiedene Methoden haben sie ausprobiert: Bei der ersten werden die Markierungen zur Gesichtserkennung manuell gesetzt, bei der zweiten setzt die Künstliche Intelligenz die Markierungen automatisch. Bis zu 77 Prozent genau erkennt die KI den Schmerz. Die Herausforderung für den Menschen sei, dass Katzen ihre Schmerzen verstecken, "weil sie nicht als Opfer erscheinen wollen", erklärt Professorin Sabine Kästner, die die Studie leitet. Mit dem sogenannten "Deep-Learning" soll die KI lernen, Ausdrücke verschiedener Katzen-Rassen in jedem Alter zu deuten.

Mund- und Nasenpartie wichtiger als Ohrenstellung

In einer App werden im Rahmen eines KI-Programms Fragen zum Äußeren einer Katze gestellt. © Tierärztliche Hochschule Hannover
Um Schmerzen bei einer Katze erkennen zu können, ist die Analyse der Mund-Nasen-Partie besonders wichtig.

Bei der Studie werden die Tiere zunächst in einen Käfig gesetzt. Sie sollen dort zunächst bis zu 20 Minuten bleiben, um sich an die Umgebung und die Personen zu gewöhnen, erklärt die durchführende Tierärztin Stefanie Brause. Danach startet sie die App und beantwortet die Fragen. Dabei schätzt sie beispielsweise die Stellung der Augen und Schnurrhaare ein. Auch das Verhalten des Tieres gibt Brause ein. Ein Ergebnis der Studie ist, dass die Stellung der Ohren zur Schmerzerkennung nicht so ausschlaggebend ist, wie früher angenommen wurde. Wichtiger ist die Mund-Nasen-Partie. Im zweiten Teil der Studie wird untersucht, welche Rolle Stress als Faktor für Schmerz spielt. Die Tierärztinnen und -ärzte nutzen den jährlichen Gesundheitscheck samt Blutabnahme, um zu messen, wie sich Stress auf die Katzen auswirkt. "Osiris" war besonders entspannt bei der Untersuchung: Auf der Schmerzskala, die von 0 bis 20 reicht, hat er eine 1 bekommen. "Was zeigt, dass die Katze keine Schmerzen hat und keine Schmerzmittel braucht. Er hat sehr gut mitgemacht", führt Brause aus.

Ein weiteres Ziel: Voruntersuchungen zuhause ermöglichen

Kästner vergleicht die KI mit einem Tierarzt, der mit steigender Erfahrung die Zeichen ebenfalls besser deuten könne. Ein Vorteil an der automatisierten Variante sei, dass die KI vollkommen unabhängig von Emotionen und Vorwissen die Katze analysiere und somit auch die tierärztliche Untersuchung künftig unterstützen könne. Ein weiteres Ziel ist laut Kästner, dass irgendwann auch Haustierbesitzerinnen und -besitzer die App nutzen können, um zuhause eine Voruntersuchung zu machen. Einen Termin in der Praxis soll das aber nicht ersetzen. Aktuell ist die App noch nicht auf dem Markt erhältlich. Wann sie verfügbar sein wird, ist zurzeit noch nicht absehbar.

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