Gastronomen in Niedersachsen fürchten höhere Mehrwertsteuer
Gastwirte in Niedersachsen kämpfen mit dem Fachkräftemangel, sinkenden Einnahmen und den Corona-Folgen. 2024 soll zudem die Mehrwertsteuer wieder erhöht werden. Der Gaststättenverband fürchtet ein Restaurant-Sterben.
Während der Corona-Pandemie hatte die damalige schwarz-rote Bundesregierung den Steuersatz für Speisen in Gastronomiebetrieben von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Jetzt läuft diese Ermäßigung aus. Ein Schnitzel mit Pilzen, Gemüse und Bratkartoffeln kostete im Januar 2021 im Restaurant "Zur Heideblüte" von Roger Burkowski in Hambühren noch 14,90 Euro. Inzwischen kostet es 20,50 Euro. Die Inflation, die steigenden Lebensmittel-, Energie- und Personalkosten hätten den Preis hochgetrieben, sagt der Gastronom dem NDR Niedersachsen. Wenn dann die Mehrwertsteuer ab dem 1. Januar wieder auf 19 Prozent angehoben werde, dann werde das Schnitzel 22,50 Euro kosten. Das sind 8 Euro mehr, nur zwei Jahre später.
Bei zwölf Prozent Aufschlag bleiben die Gäste weg
Das Restaurant "Zur Heideblüte" ist ein Familienbetrieb, ein Landgasthof, der seit 55 Jahren in der Nähe von Celle seinen Platz hat. In zweiter Generation führt Burkowski das Lokal mit seinen beiden Geschwistern. Sie setzen vor allem auf Großveranstaltungen, Hochzeiten, Firmenfeiern, Gastro-Events. Der Laden läuft gut - noch. "Wir können tatsächlich jetzt schon spüren, dass die Reservierungen zurückgehen", sagt seine Schwester Nicole Wegener, die für die Buchungen zuständig ist. "Wenn dann nochmal zwölf Prozent draufgeschlagen werden müssen, dann bleiben die Gäste lieber zu Hause."
Dehoga: 1.000 Betriebe in Niedersachsen in Gefahr
Den Trend bestätigt Rainer Balke vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Durch die Corona-Pandemie hätten bereits rund 3.000 Betriebe im Land dicht gemacht. Viele Gäste hätten schon jetzt die Preissteigerung nicht akzeptiert. Die Gewinnmargen in der Gastronomie lägen mittlerweile bei nur noch fünf Prozent. "Davon kann keine Familie ernährt werden", sagt Balke. "Insofern sind wir in Grenzbereichen." Werde der Mehrwertsteuer-Satz für Speisen in Gastronomiebetrieben wieder angehoben, wie es die Bundesregierung angekündigt hat, dann werde dies für Niedersachsen wahrscheinlich das Aus für weitere 1.000 Betriebe bedeuten, glaubt Balke.
Unterschriftenaktion soll Druck auf die Politik erhöhen
Wenn so viele Betriebe vom Markt gehen, seien ganze Versorgungsbereiche gefährdet, sagt Balke. "Niedersachsen ist Tourismusland". Der Tourismus sei laut Landesregierung eine Leitökonomie, so Balke. Wenn aber die flächendeckende Versorgung nicht mehr sichergestellt sei, dann würde sich die Landesregierung in diesem Bereich selbst ein Bein stellen. Mit einer Unterschriftenaktion will der Verband nun die Gäste sensibilisieren und den Druck auf die Politik erhöhen. Die Landesregierung soll sich für Niedersachsens Lokale einsetzen. Nach zwei Wochen haben mehr als 50.000 Menschen die Petition unterschrieben - und Balke will diese Zahl noch verdoppeln.
Weniger Steuereinnahmen oder weniger Gaststätten?
Zuständig ist die Bundesregierung, und noch ist nicht entschieden, ob sie die sieben Prozent zum 1. Januar 2024 verlängert. Diese Entscheidung sei nicht so einfach, meint Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). "Als wir die Absenkung der Mehrwertsteuer beschlossen haben, sind wir davon ausgegangen, dass wir jetzt in einer ganz anderen Phase sind, dass es eine Stabilität der Wirtschaft gibt, dass alles sich normalisiert hat. Genau das ist aber nicht der Fall." Schließlich gehe es auch um Einnahmen für die Landeskasse - für den Haushalt seien die zusätzlichen zwölf Prozent bereits eingeplant. So werde man die Entscheidung sehr genau abwägen müssen: "Hat es tatsächlich positive Auswirkungen auf den Haushalt, wenn die Steuern wieder steigen, oder hat es nicht vielmehr so negative Auswirkungen auf die Gastronomie, dass die Einnahmen insgesamt wieder sinken?", fragt Lies.
2024 für die Gastronomie nicht kalkulierbar
Für Roger Burkowski und sein Lokal ist vor allem die fehlende Planungssicherheit ein Problem. Er kann die Veranstaltungen für das kommende Jahr nicht kalkulieren, solange die Entscheidung über die Mehrwertsteuer nicht gefallen ist: "Welchen Preis gebe ich den Gästen? Bei 19 Prozent Mehrwertsteuer wird so eine Hochzeitsfeier mit 100 Gäste um die 1.000 Euro teurer." Und dann planen die Gäste um, verkleinern die Gruppe oder feiern gleich ganz daheim. Seinen Kindern will er jedenfalls nicht mehr empfehlen, das Familienunternehmen irgendwann weiterzuführen. Unter diesem finanziellen Druck lohne sich das einfach nicht mehr.