Ende der telefonischen Krankschreibung: Kritik reißt nicht ab
Nach dem Wegfall der telefonischen Krankschreibung fordert die Ärztekammer in Niedersachsen eine Übergangsregel. Zum 1. April lief die in der Corona-Pandemie eingeführte Regel aus.
Es habe sich bewährt, Patientinnen und Patienten per Telefon krankzuschreiben, sagte Marion Charlotte Renneberg, Vizepräsidentin der Ärztekammer in Niedersachsen. Die Menschen könnten selbst einschätzen, ob sie in die Praxis kommen müssten. Zudem würden chronisch kranke Menschen vor Infektionen geschützt, so Renneberg. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) ist offen dafür, weiterhin per Telefon krankzuschreiben. Allerdings fehle derzeit die Grundlage, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss geschaffen werden müsse. Die KVN kann sich sogar vorstellen, die telefonische Krankschreibung auszuweiten: In der Corona-Pandemie war eine solche nur bei Atemwegsinfekten möglich. Es sei aber beispielsweise bei Magen-Darm-Infekten genauso sinnvoll, per Telefon krankzuschreiben.
Ohne telefonische Krankschreibung sei Arbeit nicht machbar
Auch der Deutsche Hausärzteverband hatte den Wegfall der Regel kritisiert. "Wenn wir jetzt damit aufhören müssen, ist die Arbeit nicht mehr machbar", sagte Carsten Gieseking, erster Vorsitzender des Landesverbandes Braunschweig und selbst praktizierender Hausarzt, dem NDR in Niedersachsen. "Wir sind noch mittendrin - nicht mehr in der Pandemie, aber in der Infektwelle, die normalerweise um diese Jahreszeit vorbei ist", so Gieseking. Derzeit schreibe er täglich noch rund 30 Patientinnen und Patienten telefonisch krank - kämen die alle für die Krankschreibung in seine Praxis, könnte er dieses Pensum nicht bewältigen.
Gieseking schreibt Menschen weiter telefonisch krank
Er werde deshalb die Menschen weiter per Telefon krankschreiben, hatte Gieseking im NDR angekündigt. Und ermutigte seine Kolleginnen und Kollegen, es ihm gleichzutun. "Bevor die Versorgung zusammenbricht und wir gar nicht mehr können - sowohl unsere Helferinnen als auch wir", sage er: "Macht so weiter, Kollegen". Um zu verhindern, das Ärztinnen und Ärzte illegal handelten, sei nun zunächst eine kurzfristige Lösung nötig - "möglichst noch heute". Langfristig forderte Gieseking zudem, telefonische Krankschreibungen in bestimmten Fällen dauerhaft zu ermöglichen. Zum Beispiel bei Migräne oder Magen-Darm-Infekten. "Ich gehe nicht mit dem Patienten aufs Klo und gucke, ob der Durchfall hat - was soll der in der Praxis?" Bei seiner Forderung gehe es ihm allerdings ausschließlich um Patientinnen und Patienten, die ein Hausarzt kenne, so Gieseking.
"Ohne die telefonische Krankschreibung geht es nicht mehr"
Zuvor hatte bereits die stellvertretende Bundesvorsitzende des Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, gefordert, die Krankschreibung per Telefon dauerhaft zu ermöglichen. "Um es klar zu sagen: Ohne die telefonische Krankschreibung geht es nicht mehr", sagte Buhlinger-Göpfarth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das gelte vor allem in akuten Infektwellen wie in diesem Winter.
Seit dem Frühjahr 2020 war es möglich, sich bei leichten Erkältungsbeschwerden telefonisch bis zu sieben Tage krankschreiben zu lassen. Zum 1. April war die Regel auslaufen.