Aus der Asservatenkammer: Was die Polizei so alles verliert
In früheren Jahren sorgten verschwundene Waffen und verlorene Geheimakten bei der Polizei in Niedersachsen für Schlagzeilen. Zuletzt kamen Funkgeräte, Munition und Bargeld abhanden.
Eine Asservatenkammer sollte ein sicherer Ort sein. Verwahrt werden dort unter anderem Tatwerkzeuge, Beweismittel und sichergestelltes Bargeld. In einer Asservatenkammer in Osnabrück lagerten zum Beispiel im Sommer vor zwei Jahren 2.810 Euro. Das Geld war einem Mann abgenommen worden, der im Verdacht stand, eine Geldkassette geknackt zu haben, die er bei einer Geliebten gefunden hatte. Die Frau hatte damals die Polizei alarmiert. Die Geschichte könnte heldenhaft weiter gehen, denn die Beamten erkannten den Verdächtigen zwei Tage später auf der Straße und nahmen ihm das mutmaßlich gestohlene Geld ab. Der Fall kam in die Akten, das Geld scheinbar sicher verwahrt in die Asservatenkammer.
Nach verschwundenem Bargeld: Mehr Sicherheit für Asservate
Doch als der Fall weiterbearbeitet werden sollte, war das Geld plötzlich nicht mehr aufzutreiben. Die Justiz leitete Ermittlungen gegen Unbekannt ein, prüfte Schnittstellen, befragte Beteiligte - doch bis heute ist der rätselhafte Fall nicht gelöst. Für die Zukunft verspricht die Polizeidirektion: Nur noch ausgewählte Personen können künftig den Asservatenraum betreten, ein Chip speichert mittlerweile ab, wer Zutritt hatte.
Polizeibeamtin soll Geld gestohlen haben
Ein anderer Fall scheint dagegen geklärt. Er spielt im Polizeikommissariat Wildeshausen. 3.500 Euro lagen dort im Asservatenraum, Geld aus einer Haftbefehlszahlung. Doch auch hier fehlte es plötzlich. Demnächst muss sich eine Polizistin als mutmaßliche Täterin wohl vor Gericht verantworten. Menschliches Fehlverhalten ist nach Angaben des Innenministeriums nie auszuschließen - und liegt offenbar bei allen aufgelisteten Fällen zugrunde.
Keine Schusswaffe seit 2022 abhandengekommen
Der NDR hatte nachgefragt, nachdem in früheren Jahren eine Maschinenpistole, Revolver des Spezialeinsatzkommandos, Akten oder auch sichergestellte Fahrräder für Schlagzeilen gesorgt hatten. Immerhin: Zwischen 2022 und 2024 kamen keine Schusswaffen oder Akten abhanden, die einer besonderen Geheimhaltung unterliegen.
Diebstahl aus dem Homeoffice
Allerdings verschwanden neun Ermittlungsakten und ein gesperrter Dienstlaptop aus der Privatwohnung einer Polizistin im Bereich der Direktion Oldenburg. Wohl weil sie im Homeoffice war, hatte sie alles mit nach Hause genommen, dort wurde es gestohlen, ermittelt wird gegen eine unbekannte Person.
148 Patronen und zwei Magazine für eine Maschinenpistole
Es sind solche Fälle, die sich seit 2022 bei der Polizei zugetragen haben. Mal ist es ein kleines Stück Haschisch, das in Meppen nicht mehr auffindbar ist, mal sind es Einsatzstöcke zwischen Küste und Harz, die verloren gingen und verzeichnet wurden. Zwei Magazine für eine Maschinenpistole MP5 sind an der Polizeiakademie verschwunden, 148 Patronen sind landesweit nicht auffindbar - das ist die Bilanz für drei Jahre.
24.000 Beschäftigte arbeiten bei der Polizei in Niedersachsen
"Jede fehlende Patrone ist eine zu viel", stellt die Polizeidirektion Göttingen klar, die sich vom Süden Niedersachsens bis Nienburg erstreckt. Während von 22 Schuss Munition tatsächlich jede Spur fehlt, gibt es an anderer Stelle bei 24 fehlenden Patronen pragmatische Erklärungen, schreibt eine Sprecherin dem NDR: "Möglicherweise wurde die Munition bei einem Schulschießen verschossen und nicht regulär wieder nachersetzt." Bei der Landespolizei Niedersachsen arbeiten aktuell rund 24.000 Beschäftigte, davon sind 19.500 Polizeibeamte und -Beamtinnen, die meisten anderen sind zivile Angestellte.