Räumungsklage: 85-jähriger Hamburgerin droht Rauswurf
Schon seit 28 Jahren wohnt Hannelore Piech in ihrer Wohnung in Hamburg-Hamm. Bis zu seinem Tod hatte sie sich hier um ihren Bruder gekümmert. Nun wird die 85-Jährige bald wohl auch noch ihre Wohnung verlieren.
Ina Sentner, Piechs Anwältin, erklärt die Situation: "Als der Bruder verstarb, geriet ihr Leben etwas aus den Fugen. Weil dann natürlich auch ein Teil der Finanzen wegbrach, weil die Gelder des Bruders fehlten." Wegen einer beginnenden Demenz sei Piech nicht in der Lage gewesen, entsprechende Anträge bei den Behörden zu stellen. Auf Mietrückstände von etwa 4.000 Euro folgten die fristlose Kündigung und eine Räumungsklage. Für Anwaltin Sentner begann damit der Kampf für die 85-Jährige.
Vermieter ist im Recht
Inzwischen kommt die Miete wieder pünktlich und auch die Hälfte der Mietschulden ist mittlerweile beglichen. Grundsätzlich ist der Vermieter im Recht, er darf der Seniorin kündigen und auch die Räumungsklage ist per Gesetz legitim. Nur ist die Frage: Wo soll die 85-Jährige mit Pflegestufe 2 auf die Schnelle hin? "Das Amt für Wohnungsnotfälle hat gesagt, sie haben keine Wohnungen frei. Sie kann dort einen Antrag stellen, kommt auf die Liste von Bedürftigen. Und darf dann mal wieder vorstellig werden", erklärt Sentner. Die Gerichtsvollzieherin habe den Termin deswegen ausgesetzt. "Sie hat gesagt, sie kann eine 85-Jährige nicht bei Eiseskälte auf die Straße setzen", ergänzt die Anwältin.
Ein Betreuungsplatz ist auf die Schnelle nicht zu finden
Mit Pflegestufe 2 braucht Hannelore Piech eine passende Betreuung in einer entsprechenden Einrichtung. So etwas zu finden dauert. Dem Vermieter aber geht das zu langsam. Über seine Anwaltskanzlei stellte er einen zweiten Zwangsräumungsantrag. Das NDR Hamburg Journal fragte schriftlich und auch telefonisch nach und wollte wissen: Warum soll die pflegebedürftige Frau unbedingt so schnell auf die Straße gesetzt werden? Eine Antwort kam nicht.
Anwältin kämpft um zusätzliche Zeit
Auch wenn der Vermieter im Recht ist, will Anwältin Sentner für die Zukunft ihrer Mandantin um Zeit kämpfen. Warum der Vermieter immer wieder einen Zwangsräumungsantrag einreicht, versteht sie nicht. Ihrer Meinung nach sei ihm damit kurzfristig auch gar nicht geholfen. Selbst wenn er ein neues Schloss einsetzen lassen würde und die Mieterin vor die Tür setzen würde, könnte er nicht sofort vermieten: "Die Möbel sind ja noch drin. Das heißt, er kann sowieso nicht mit der Wohnung aktuell verfahren, indem er dort gleich einen Bautrupp reinschickt. Die Möbel müssen sicher eingelagert werden, da muss ein Lager gefunden werden. Das nimmt alles Zeit und Geld in Anspruch."
Ziel: Betreuungsplatz bis zum Sommer
Als Krankenschwester war Piech ihr ganzes Leben für andere da. Nun ist sie selbst in Not. Ein Auszugstermin steht zwar noch nicht fest, aber die Zeit drängt. Bis zum Sommer hofft Sentner, einen Platz für ihre 85-jährige Mandantin gefunden haben. Noch ist unsicher, ob das auch gelingt.
