Stand: 16.02.2016 19:15 Uhr

Klage gegen Kühne + Nagel

von Alexa Höber

Der norddeutsche Logistikriese Kühne + Nagel hat dem Möbelunternehmen Chromo Geld geklaut. So der Vorwurf des ehemaligen Chromo-Geschäftsführers Thomas Launer. Und zwar mindestens 1,9 Millionen Euro. Dafür soll Kühne + Nagel Schadenersatz zahlen, deshalb klagt die Inhaberin des mittlerweile insolventen Möbelhauses gegen Kühne + Nagel.

VIDEO: Klage gegen Kühne + Nagel (9 Min)

Kühne + Nagel zahlte dubiose Summen an Mittelsmann in Hongkong

Thomas Lauer © Screenshot
Thomas Launer fordert von Kühne + Nagel Schadenersatz in Höhe von 1,9 Millionen Euro.

Zu Beginn der 1990er-Jahre ließ das Unternehmen Chromo Metallmöbel in Asien produzieren. Diese wurden vom Logistiker Kühne + Nagel per Schiff nach Europa transportiert.  Ein Mittelsmann des Unternehmens Chromo in Hongkong organisierte die Transporte. Fast immer gingen die Transportaufträge an Kühne + Nagel. Ein Zufall? Offenbar nicht.

Von Kühne + Nagel erhielt der Mittelsmann immer wieder große Geldsummen. Dafür stellte er nach eigenen Angaben Rechnungen ohne Gegenwert. Für Wolfgang Schaupensteiner sind Rechnungen ohne Gegenwert ein typisches Zeichen für Korruption. Als Sonderdezernent bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main leitete Schaupensteiner die bundesweit erste Schwerpunktabteilung gegen Korruption. Die Generierung von Schmiergeld läuft nach seiner Erfahrung häufig nach einem Muster: Eine Firma stellt an den Schmiergeldgeber eine Rechnung über eine Leistung, die nie erbracht wurde. Die Höhe der Rechnung entspricht dann der vereinbarten Schmiergeldsumme. Im Fall Chromo gegen Kühne + Nagel sprechen die Fakten, so die Einschätzung von Schaupensteiner, für einen klassischen Fall von Korruption.

Fragen bleiben

Kühne + Nagel bestreitet die Vorwürfe. Dass rund 1,8 Millionen Euro an den Mittelsmann in Hongkong flossen, ist unstrittig. Ebenso, dass Kühne + Nagel dem Möbelunternehmen erhöhte Frachtpreise in Rechnung stellte. Um sich das vermeintliche Schmiergeld in Teilen zurückzuholen? Kühne + Nagel bestreitet auch das. Fragen, was es mit all den ungewöhnlichen Summen auf sich hat, bleiben. 

Wegen wettbewerbswidriger Aufschläge auf Frachtrechnungen hat die EU-Kommission schon einmal gegen Kühne + Nagel ermittelt. Im Rahmen von vier Kartellen wurden auf der Route Hongkong-Europa Preise für Transporte per Flugzeug abgesprochen, so die Überzeugung der EU Kommission. Kühne + Nagel wurde zu einer Bußgeldzahlung von insgesamt 53 Millionen Euro verurteilt.  Gegen diesen Entscheid hat Kühne + Nagel beim Gericht der Europäischen Union Klage erhoben. Das Verfahren läuft. Durch die Kartellabsprachen geschädigte Unternehmen könnten auf Schadenersatz klagen, schrieb die EU-Kommission in einer Pressemeldung.

Schadenersatzklage gegen Kühne + Nagel

Schadenersatz möchte auch das Möbelunternehmen Chromo erwirken. Die rund 1,8 Millionen Euro, die zu viel gezahlt wurden, möchte das Unternehmen zurück und klagt gegen Kühne + Nagel. Seitdem gibt es ein gerichtliches Hin und Her. Das Landgericht Hamburg und das Oberlandesgericht Hamburg sahen den Fall nach dem Speditionsrecht als verjährt an. Der Bundesgerichtshof überprüfte das Urteil. Und urteilte, man könne in diesem Fall das Speditionsrecht nicht anwenden, der Vorwurf der Bestechung sei zudem nicht hinreichend geprüft worden. 

Oberlandesgericht Hamburg muss eine Beweisaufnahme machen

Deshalb kam es im Sommer 2015 vor dem  Oberlandesgericht Hamburg zu einer Beweisaufnahme. Die Richter sahen danach den Vorwurf der Schmiergeldzahlung als nicht bewiesen an. Das bedeutete: keine Schadenersatzzahlung für Chromo. Fall Chromo gegen Kühne + Nagel liegt mittlerweile wieder beim Bundesgerichtshof.

 

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 16.02.2016 | 21:15 Uhr

Mehr Nachrichten aus Hamburg

Ein Riss ist in der Außenfassade zwischen der West- und Südseite der Hauptkirche St. Michaelis in Hamburg zu sehen. © dpa Foto: Gregor Fischer

Schäden am Hamburger Michel sind größer als vermutet

Die Hamburger Hauptkirche ist eine Dauerbaustelle. Und nun sind bei aktuellen Arbeiten noch mehr Schwachstellen entdeckt worden. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?