Polizei: Weniger Ermittlungen bei Betrugsfällen?
Die Hamburger Polizei kann einen erheblichen Teil von Betrugsstraftaten derzeit nicht verfolgen. Das geht aus einem internen Bericht des Landeskriminalamts Hamburg hervor, der Panorama 3 vorliegt. Nach NDR Informationen sind derzeit etwa 3.000 Fälle unbearbeitet. Diese Zahl steigt monatlich um weitere 500 Fälle an.
Laut dem internen Bericht besteht die Befürchtung, dass "der gefühlte Arbeitsdruck zu Fehlern in der Bearbeitung führt und damit die Qualität der Sachbearbeitung erheblich einschränkt". Als Gründe für den Bearbeitungsstau werden gestiegene Fallzahlen, insbesondere bei der Internetkriminalität, aber auch Probleme bei der internen Umstellung im zuständigen LKA 55 (Allgemeine Betrugsdelikte) angegeben. Das LKA prüft nach Panorama 3-Informationen nun die Einführung eines vereinfachten Bearbeitungssystems. Demnach sollen Betrugsstraftaten künftig eingeteilt werden in "standardisierte" und "qualifizierte" Verfahren.
Mögliche "Absenkung der Aufklärungsquote"
Von dem standardisierten Verfahren erhofft sich das Landeskriminalamt eine zügigere Bearbeitung von Betrugsfällen. Hierbei sollen beispielsweise Zeugen statt in einer Vernehmung per Fragebogen befragt werden. Auch andere Ermittlungsschritte, wie etwa Anfragen an Geldinstitute oder Internetanbieter, sollen nach einem vorgegebenen Ablauf erfolgen. Laut dem internen Bericht kalkuliert das LKA damit, knapp die Hälfte der circa 20.000 Betrugsfälle im Jahr standardisiert bearbeiten zu können. Dabei, so wird eingeräumt, müssten jedoch mögliche "Qualitätsverluste" und gegebenenfalls eine "Absenkung der Aufklärungsquote" hingenommen werden.
Die Kriterien, nach denen Ermittler entscheiden sollen, wann eine Betrugsstraftat standardisiert oder qualifiziert bearbeitet wird, werden derzeit vom LKA 55 entworfen. Dabei soll es unter anderem Überlegungen geben, Straftaten mit geringen Schadenssummen standardisiert zu bearbeiten. Gegenüber Panorama 3 wollte sich das LKA mit Hinweis auf laufende Planungen nicht äußern.
Möglicherweise negative Folgen
Jan Reinecke vom Bund Deutscher Kriminalbeamter in Hamburg fürchtet negative Folgen: "Wenn es sich in Betrügerkreisen herumspricht, dass die Hamburger Kriminalpolizei ihre Sachbearbeitung an Schadenssummengrenzen oder an vorgefertigten Ermittlungsansätzen festmacht, dann wird das unweigerlich zur Steigerung von Betrugsstraftaten und Betrugsopferzahlen in Hamburg führen."