PCs für kleines Geld: IT-Initiativen in Hamburg
Viele Familien sind nicht auf das Homeschooling in Zeiten von Corona vorbereitet. Ihnen fehlt die nötige Ausstattung - und die ist bekanntlich nicht günstig. Zwar hat der Bund Mitte Mai dafür 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. In Hamburg werden damit Schulen mit 18.000 Laptops und Tablets versorgt. Trotzdem ist der Bedarf an PCs oder Laptops gerade bei Geringverdienern hoch. Sie brauchen diese nicht nur für ihre Kinder, sondern auch für sich, zum Beispiel im Homeoffice. Wohin also, wenn man wenig Geld hat und einen PC oder Laptop kaufen möchte? Hilfe bieten IT-Werkstätten. Die NDR Info Perspektiven haben zwei Projekte in Hamburg besucht.
In den Räumen der IT-Werkstatt von Nutzmüll in Wandsbek stapeln sich PCs, Monitore und Kisten mit Kabeln und Tastaturen bis zur Decke. Alte Rechner bekommen hier ein neues Leben. Sie werden von Marcus Paffrath und seinem Team aufgeschraubt, repariert, mit neuer Software versehen und für den Verkauf fertiggestellt. Trotzdem ist dieser Laden nicht wie jeder andere. Diejenigen, die hier einkaufen, können sich keine Computer aus dem regulären Einzelhandel oder Internet leisten - sie haben wenig Geld.
Zwischen 25 und 70 Euro für einen PC
Das Projekt gibt es schon seit 20 Jahren. Der Bedarf ist zu Corona-Zeiten aber deutlich gestiegen, vor allem bei Familien. Denn sie müssen zwischen Homeschooling und Homeoffice jonglieren und brauchen dafür die richtige Ausstattung. In vielen Fällen vermittelt die Schule, erzählt Paffrath: "Viele Schulbetreuer haben bei uns nachgefragt, ob sie so was kriegen können und sie haben dann von uns komplette Systeme bekommen. Also PC, Monitor, Tastatur und Maus." Zwischen 25 und 70 Euro kostet so ein komplettes System vom PC bis zur Maus. Die alten Rechner sind Spenden von Unternehmen, die auf neuere Modelle umstellen oder von Menschen, die ihre alten Rechner und Laptops verschenken. Damit aus den Spenden funktionstüchtige und für das Homeschooling geeignete Computer werden, werkeln hier täglich 25 Mitarbeiter. Sie sind Langzeitarbeitslose, die in der IT-Werkstatt wieder auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Das Projekt wird vom Jobcenter finanziert.
Nachhaltigkeit lautet das Motto
Still sitzen sie vor den PCs, schrauben sie auf, prüfen Lüftung und Speicherplatte. Marcus Paffrath muss wenig erklären. "Unsere Teilnehmer wissen, was sie zu tun haben. Wenn jemand ein Problem hat, helfen sie sich gegenseitig oder wir besprechen morgens, was gemacht werden soll, und dann läuft es. Das ist das Großartige hieran. Die Menschen, die hierher kommen, sind toll." Nachhaltigkeit spielt in den Werkstätten von Nutzmüll eine wichtige Rolle. In Holzkisten werden alte, nicht mehr brauchbare Computer-Teile sortiert und später fachgerecht entsorgt. "Wir versuchen alles, was noch gut ist, zu verwenden und produzieren wenig Müll", erzählt Paffrath.
Geräte für Einsatz in Video-Konferenzen
Nur einen Kilometer von der Nutzmüll-Werkstatt entfernt liegt das IT-Sozialkaufhaus der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Auch hier bemerkt Werkstattleiter Alexander Schemberger die steigende Nachfrage. "Es sind Rentner, aber vor allem Familien, die jetzt verstärkt hier eintreffen und Geräte benötigen. Entweder für Bürotätigkeiten oder für die Kinder. Wichtig ist, dass sie mit den Geräten auch an Video-Konferenzen oder Livestreams teilnehmen können." Und mit ein wenig Hilfe von Schemberger und seinem Team können das die alten Geräte auch leisten.
Ein Laptop muss kein Luxusgut sein
Zurzeit werden im IT-Sozialkaufhaus der AWO zwei Laptops pro Tag verkauft. Die generalüberholten Geräte kosten zwischen 25 und 150 Euro. Neben vier Mitarbeitern kümmert sich Praktikantin Anastassia Aristow um neue Software für die alten Laptops: "Ich installiere Windows auf die PCs und prüfe Updates. Vorher habe ich bei der AWO einen Mädchenkurs gemacht und gemerkt, dass Technik gar nicht so kompliziert ist, wie das immer dargestellt wird und wollte das dann ausprobieren." Im September beginnt sie ihre Ausbildung als Fachinformatikerin. Sie weißt, wie wichtig das Angebot ist: "Ich komme aus Verhältnissen, wo man nicht viel Geld hatte und deswegen finde ich dieses Angebot sehr, gut und sehe es als eine Chance."
Spendenaufruf an Unternehmen
Damit das IT-Sozialkaufhaus und die Werkstatt von Nutzmüll weiter günstige Laptops und PCs anbieten können, sind sie auf Spenden angewiesen. Diese sind durch das Kontaktverbot seltener geworden. Vielleicht ist aber die Corona-Pandemie doch eine Chance, sagt Marcus Paffrath. "Viele Betriebe haben jetzt auf Homeoffice umgestellt. Das heißt, sie haben neue Laptops gekauft und es wäre großartig, wenn jetzt der alte Kram bei uns ankommt."