Sebastian Eberle steht vor einem Bild der ukrainischen Hauptstadt Kiew. © NDR/Screenshot

Kommentar: Da ist noch immer Krieg vor unserer Haustür

Stand: 27.04.2024 08:40 Uhr

Am Montag hatte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) überraschend die ukrainische Hauptstadt Kiew besucht. Die Reise war aus Sicherheitsgründen bis zuletzt geheimgehalten worden. Sebastian Eberle war mit dabei und kommentiert.

von Sebastian Eberle

Es war eine Reise, wie sie bislang wohl noch kein Hamburger Bürgermeister unternommen hat. Anreise: knapp 24 Stunden. Aufenthalt am Zielort: 12 Stunden. Abreise: noch einmal knapp 24 Stunden. Und dann noch in ein Land, das sich im Krieg befindet, in eine Stadt, in der nahezu täglich Luftalarm herrscht. Um kurze Gespräche zu führen, Hände zu schütteln, Fotos zu machen und als Gastgeschenk drei Busse der Hamburger Hochbahn zu übergeben. War es das wert? Ich finde: ja.

In der Ukraine macht sich Erschöpfung breit

Blicken wir zunächst auf die Ukraine. Wo sich zwei Jahre nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf das gesamte Land Erschöpfung breit macht. Russland erzielt täglich Fortschritte an der Front und terrorisiert die Zivilbevölkerung in den Städten mit Bomben, Drohnen und Raketen. Niemand soll sich mehr sicher fühlen, Menschen sollen zur Flucht gezwungen werden.

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Peter Tschentscher (2.v.r, SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, und der deutsche Botschafter Martin Jäger (vorne l) treffen Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko (l) und dessen Bruder Wladimir (hinten r). © Martin Fischer/dpa-Zentralbild/dpa

Hamburgs Bürgermeister Tschentscher trifft Klitschko in Kiew

Tschentscher folgte damit einer Einladung seines Amtskollegen Vitali Klitschko. Die Reise war aus Sicherheitsgründen geheimgehalten worden. (23.04.2024) mehr

Womit wir in Hamburg wären. Mehr als 46.000 Menschen aus der Ukraine haben hier in den vergangenen zwei Jahren Schutz gesucht. Und es könnten noch viel mehr werden, wenn es Russland gelingt, noch weitere Landstriche unter seine Kontrolle zu bringen oder noch mehr Städte in Schutt und Asche zu bomben.

Hamburger Hilfsbereitschaft erlahmt

So überwältigend die Hilfsbereitschaft der Hamburgerinnen und Hamburger direkt nach dem russischen Überfall auch war, so sehr erlahmt ist sie mittlerweile. Es gibt kaum noch private Spenden zugunsten der Ukraine. Und genau da setzte der Besuch von Tschentscher an. Als Erinnerung an die Hamburgerinnen und Hamburger: Da ist noch immer Krieg vor unserer Haustür. Oder, um es mit dem ehemaligen Berliner Bürgermeister, Ernst Reuter, zu sagen: Schaut auf diese Stadt!

Ich habe in den wenigen Stunden in Kiew eine zutiefst europäische Metropole erlebt, in der die Menschen einfach nur in Frieden und Freiheit leben wollen und nicht unter der Diktatur des Kreml. Eine Stadt, die mit Vitali Klitschko einen Bürgermeister hat, den - gemeinsam mit seinem Bruder Wladimir - so unglaublich viel mit Hamburg verbindet. Und der mit Tschentscher vor zwei Jahren den Pakt für Solidarität und Zukunft zwischen Kiew und Hamburg unterzeichnet hat.

Botschaft von Tschentscher: Ihr seid nicht allein!

Dass dieser Pakt noch immer gilt, hat Hamburgs Bürgermeister mit seinem Besuch nun mehr als deutlich gemacht. Ihr seid nicht allein! Wir stehen an eurer Seite! Ihr könnt euch auf uns verlassen! Die Botschaft ist angekommen. Dazu hat Tschentscher noch viele Ideen für neue Projekte und Kooperationen mit nach Hamburg genommen. Und das war den Aufwand allemal wert.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Der Hamburg-Kommentar | 27.04.2024 | 08:40 Uhr

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