KZ-Gedenkstätten: Besuchspflicht für Hamburger Schüler geplant
Alle Hamburger Schülerinnen und Schüler sollen zukünftig eine Gedenkstätte zum Nationalsozialismus besuchen. Das hat Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) am Montag bei der Verleihung des Bertini-Preises angekündigt.
"Die Freiheit und Demokratie sind gefährdete Güter", sagte Bekeris. Deswegen müsse Demokratiebildung viel stärker in den Schulalltag eingewoben werden.
Pflichtbesuche in KZ-Gedenkstätten
Laut Bekeris gehören dazu auch verpflichtende Besuche der Gedenkstätten an den Nationalsozialismus. Bislang waren sie freiwillig, aber das könnte sich schon ab dem nächsten Schuljahr ändern. Laut der Schulsenatorin soll der Besuch einer KZ-Gedenkstätte eingebettet werden in eine entsprechende pädagogische Vor- und Nachbereitung durch die Lehrkräfte, damit davon eine nachhaltige Wirkung ausgehen kann. Für die Schulen sind außerdem mehr Demokratiewerkstätten und -projekte geplant. Auch Lehrerinnen und Lehrer sollen im Bereich Demokratiebildung besser qualifiziert werden.
Internationale Befragung zeigt Bildungsbedarf
"Die erst am Donnerstag veröffentlichte internationale Befragung im Auftrag der jüdischen Claims Conference zeigt leider erschreckende Ergebnisse, auch für Deutschland", so Bekeris. Laut Befragung wissen die Deutschen im Vergleich mit sieben anderen Ländern immer noch am meisten über den Holocaust, dieses Wissen nehme aber ab.
Gedenkstätte Neuengamme skeptisch
Der Leiter der Gedenkstätte Neuengamme hingegen hält diesen Vorstoß nicht für den richtigen Weg: Oliver von Wrochem ist besorgt über das Vergessen und die Verleugnung des nationalsozialistischen Grauens. Das Geschichtsbewusstsein lasse nach, sagte der Gedenkstättenleiter. Selbst Neuengamme werde öfter geschändet - mit Hakenkreuzen und rechten Parolen.
Gedenkstättenleiter: "Zwang nicht beste Lösung"
Die verpflichtenden Schulbesuche sieht er skeptisch: "Unsere Erfahrung zeigt, dass Zwang nicht die beste Lösung ist, wenn man schulisches Lernen voranbringen möchte. Dann muss man die Rahmenbedingungen schaffen dafür, dass diese Besuche auch nachhaltig zu Lernerfolgen führen. Dafür müssten entsprechende Ressourcen bereitgestellt werden", so von Wrochem. Auch die Vor- und Nachbereitung der Besuche sei kritisch. Außerdem müssten auch Erwachsene dazu angehalten werden, die Gedenkstätten zu besuchen - weil nicht nur junge Menschen Wissenslücken hätten, sagte von Wrochem.