Geiselnehmer vom Hamburger Flughafen: Wutausbruch bei Prozess
Der Prozess um eine Geiselnahme am Hamburger Flughafen ist am Donnerstag vor dem Landgericht Hamburg fortgesetzt worden. Ein Wutausbruch des Angeklagten sorgte für Aufsehen. Außerdem sagte die Polizistin aus, die mit ihm verhandelt hatte.
"Was haben wir 18 Stunden dort besprochen?", rief der Angeklagte im Gerichtssaal nach Übersetzung einer Dolmetscherin plötzlich laut und aufgeregt. Damit unterbrach er im Landgericht den Vorsitzenden Richter, der gerade übersetzte Dokumente aus den Ermittlungen vorgelesen hatte.
Sorgerechtsstreit Hintergrund der Tat
Die Anklage wirft dem 35-Jährigen Geiselnahme, die Entziehung Minderjähriger, vorsätzliche Körperverletzung und verschiedene Waffendelikte vor. Hintergrund der Tat war ein jahrelanger Sorgerechtsstreit. Der Angeklagte redete aufgebracht auf Türkisch, ließ sich vom Richter auch nicht stoppen und schlug mehrmals mit der Hand auf den Tisch. Was genau er sagte, blieb unklar. Nachdem der Mann sich beruhigt hatte, appellierte der Richter an ihn: "Können wir uns darauf einigen, dass Sie nicht mehr so ausrasten?" Der Angeklagte entgegnete daraufhin laut Dolmetscherin, das habe unter anderem mit der Person des Richters im damaligen Sorgerechtsstreit zu tun. Außerdem habe er doch in den 18 Stunden am Flughafen schon viel gesprochen. "Rumzuschreien und auf den Tisch zu schlagen, bringt niemanden weiter", betonte der Vorsitzende Richter.
Geständnis bei Prozessauftakt
Der Angeklagte hatte am 4. November 2023 seine damals vierjährige Tochter mit Gewalt aus der Wohnung seiner Ex-Frau im niedersächsischen Stade geholt und war mit dem Kind in einem Mietauto auf das Flughafengelände gefahren, indem er drei Schranken durchbrach. Über den Polizeinotruf forderte er, dass ein Flugzeug ihn und seine Tochter in die Türkei bringen solle. Er schoss dreimal in die Luft und drohte, sich und das Kind mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft zu sprengen. Nach seiner Aufgabe erwiesen sich die Sprengsätze als Attrappen. Zum Auftakt des Prozesses hatte der Angeklagte die Taten weitgehend gestanden.
Polizistin verhandelte mit Geiselnehmer
Dass der Mann aufgab, ist einer Polizistin zu verdanken, die die Verhandlungen mit ihm geführt hat. Sie hatte einen sehr guten Kontakt zu ihm aufgebaut. Dabei war es Zufall, dass gerade sie die Verhandlungen führte. Sie hatte gerade einfach Dienst im Polizeipräsidium. Eigentlich arbeitet sie im Objektschutz, für Verhandlungen mit hochgefährlichen Tätern ist sie nicht ausgebildet. Aber sie spricht Türkisch. Und als der Geiselnehmer mit seiner kleinen Tochter auf dem Rollfeld des Flughafens war, wurde dringend jemand zum Übersetzen gebraucht. Als sie gefragt wurde, ob sie sich das zutrauen würde, sagte sie sofort zu.
"Das ist jetzt unser letztes Gespräch"
Sie erklärte vor Gericht, dass ja niemand ahnen konnte, dass sie dann stundenlang am Telefon sitzen würde. Aber sie habe auch nicht nach Hause gehen wollen, weil sie den guten Draht zum Geiselnehmer nicht abreißen lassen wollte. Unterstützt wurde die Frau von einer Psychologin und einer ausgebildeten Verhandlungsführerin der Polizei. Sie erzählte vor Gericht, wie sie ihn zur Aufgabe gebracht hat. Irgendwann habe sie dem Mann gesagt: "Das ist jetzt unser letztes Gespräch. Nimm jetzt deine Tochter an die Hand und verlasse das Auto." Und das habe er dann tatsächlich gemacht.