Gefahr, wo bist du? So arbeitet das MEK
Der Mann hat eine Axt in der Hand. Er läuft durch den leeren Stadtbus, schreit und haut gegen die Sitze. Dann steigt er aus der Vordertür aus, hebt die Axt und zerschlägt ein Fenster in der Mitte des Busses. Es scheppert, Scherben sausen zu Boden. Er sieht nicht, dass auf der anderen Seite zwei Männer des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) um den Bus herum schleichen - die Maschinenpistole im Anschlag.
Geiselnahmen, Entführungen, Erpressungen
Sie überwältigen den Gewalttäter. Und in diesem Fall war die Bedrohung keine reale. Eine Einsatzgruppe des MEK Hamburg trainiert für den Ernstfall. Mehrmals im Jahr üben sie auf Schiffen, in Flugzeugen oder wie dieses Mal auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei Hamburg. Ihre Aufgabe ist es, besonders schwere Straftaten zu verhindern, vor allem in der organisierten Kriminalität. Außerdem befreien sie Menschen aus Geiselnahmen, beenden Entführungen und Erpressungen. "Das Ziel ist immer, die Täter unverletzt festzunehmen", sagt Dienststellenleiter Joachim Ferk.
MEK und SEK in einem
Das MEK in Hamburg ist ein Besonderes: Zu den Aufgaben gehört nicht nur der sogenannte Zugriff, sondern auch dessen Vorbereitung. Oft observieren die Beamten die mutmaßlichen Kriminellen monatelang, bevor sie sie während einer Straftat festnehmen. In allen anderen Bundesländern observiert das MEK, das Spezialeinsatzkommando (SEK) greift durch. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir so effizienter arbeiten. Zum einen, weil uns mehr Leute zur Verfügung stehen und zum anderen, weil Schnittstellen wegfallen, da alles in einer Hand liegt", erklärt Ferk.
Ferk verteilt die Einsätze an die verschiedenen Untergruppen des MEK. Über 100 Polizisten, darunter zehn Prozent Frauen, gehören zur Einsatztruppe. Feste Arbeitszeiten gibt es nicht. "Die Arbeit findet ausschließlich so statt, wie es unser Gegenüber von uns verlangt", sagt Ferk. Alle Gruppen können dasselbe, arbeiten oft zusammen und bringen sich gegenseitig Neues bei. Hat ein Team auf der Ostsee geübt, die Entführer eines Tankers zu überwältigen, erläutert sie den anderen ihre Erkenntnisse.
"Wir bluten nicht nach innen"
Der perfekte MEK-Beamte ist vor allem stark im Team. "Wir brauchen Typen mit Persönlichkeit, mit unterschiedlichem Charakter. Aber vor allem brauchen wir Leute, die sehr akribisch arbeiten, die aber auch vorangehen, wenn es sein muss und Eigeninitiative ergreifen", erläutert Ferk. MEK heißt es, das sind die harten Jungs und Mädels. Trotzdem hätten sie auch mal Angst - aber nicht direkt im Einsatz, sagen sie. Da seien sie einfach nur konzentriert. "Viele denken, wir bluten nach innen. Aber wir sind auch Menschen", sagt MEK-Ausbildungsleiter Holger Timm. Als er noch aktiv im Team war, musste seine Familie ihn nach Einsätzen, bei denen jemand starb, auch mal auffangen. Daher wüssten seine Familie und Freunde auch, dass er beim MEK ist. Obwohl es für die Beamten gefährlich werden kann, wenn die falschen Menschen ihre Identitäten kennen. "Ich unterscheide schon zwischen Freunden und Bekannten", sagt ein noch aktiver MEK-Mann. Kein Einsatz ohne Maske.
Ein bisschen Abenteuerlust
Erst nach einigen Jahren Erfahrung können sich Polizisten für das MEK bewerben. Dann warten Psycho- und Merktest, Fitnessparkour, Schießtest und Auswahlgespräch. Wenn eine der Untergruppen dann der Meinung ist, der Bewerber würde in ihr Team passen, ist der Weg zum MEK offen. "Die Arbeit ist einfach spezieller, wir sehen viel mehr Dinge. Ein bisschen Abenteuerlust ist sicher auch dabei", gibt ein Beamter zu. Von einigen Abenteuern erzähle er seiner Frau jedoch vor dem Einsatz nichts. "Viele schicken aber hinterher eine SMS: Mir geht's gut, alles ok."