Unfall auf Baustelle in Hamburg: Viertes Todesopfer geborgen
Nach dem schweren Unfall auf einer Großbaustelle in der Hamburger Hafencity am Montag ist das vierte Todesopfer geborgen worden.
Nach über 35 Stunden sei der "schwierige und kräftezehrende" Einsatz seit Dienstagabend beendet, teilte die Feuerwehr mit. Eine Spezialeinheit der Höhenrettung konnte demnach in den Abendstunden zu dem letzten in den Trümmern verbliebenen Arbeiter vordringen. Ein fünfter Bauarbeiter war nach dem Unfall am Montag mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht worden. Sein Zustand sei stabil, hieß es am Dienstag.
Polizei: Personalien von drei Opfern gesichert
Bei drei der fünf Opfer des Unfalls handelt es sich nach Angaben der Polizei um Albaner, nicht um Bulgaren. Die Personalien zweier Todesopfer und des Schwerverletzten seien gesichert, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Bei den beiden anderen Todesopfern stehe die Feststellung der Personalien noch aus. Es gebe aber keine Hinweise, dass es sich um Bulgaren handele. Die Polizei widersprach damit Angaben der Stadtentwicklungsbehörde, die am Montag mitgeteilte hatte, dass es sich um Bulgaren handele.
Gerüst mit Bauarbeitern stürzt in die Tiefe
Der Unfall ereignete sich am Montagmorgen gegen 9.10 Uhr auf der Großbaustelle im Überseequartier. Ein Gerüst mit mehreren Bauarbeitern darauf stürzte vom achten Stock in einen innenliegenden Fahrstuhlschacht. Die eintreffenden Einsatzkräfte stießen zunächst auf drei Tote und einen lebensgefährlich verletzten Mann. Am frühen Nachmittag entdeckten sie einen weiteren Toten.
Großeinsatz für Rettungskräfte
Ein Sprecher der Feuerwehr sagte, am Montag seien rund 150 Einsatzkräfte vor Ort gewesen. Die Bergungsarbeiten seien kompliziert. "Wir haben hier drei Stockwerke, wo wir Trümmerteile zur Seite schieben müssen und sichern müssen." Gerüststangen lägen kreuz und quer, die Arbeit sei wie ein "Riesen-Mikado". Zum Bergen der Verletzten wurde schweres Gerät an die Unfallstelle geschafft. Auch das Technische Hilfswerk rückte an. Nach Angaben des Feuerwehrsprechers war der Einsatz auf der Baustelle auch für die Feuerwehrleute lebensgefährlich. Die Baustelle wurde komplett evakuiert. Regulär arbeiten dort etwa 1.400 Menschen, am Montag waren es nach Angaben der Feuerwehr wegen des Brückentags nur gut 700.
Unglücksursache noch unklar - Polizei ermittelt
Warum das Gerüst zusammenbrach, ist noch unklar. Spezialistinnen und Spezialisten des Landeskriminalamts haben die Ermittlungen zur Unglücksursache aufgenommen. Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. "Mein Beileid und meine aufrichtige Anteilnahme gelten allen Angehörigen der Opfer", schrieb er auf der Plattform X (vormals Twitter). Gleichzeitig dankte er den Einsatzkräften. Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) machte sich am Montagnachmittag ein Bild von der Lage an der Unglücksstelle.
Großbaustelle Überseequartier
Das Überseequartier ist eine der größten Baustellen Hamburgs. Auf dem 14 Hektar umfassenden Gelände entstehen Geschäfte, Gastronomie, Entertainment, Büros, ein Kreuzfahrtterminal, ein unterirdischer Busbahnhof, Hotels mit rund 1.150 Zimmern sowie mehr als 1.000 Wohnungen. Der nördliche Teil ist bereits seit 2019 fertig, im südlichen Teil laufen die Arbeiten. Das Immobilienunternehmen Unibail-Rodamco-Westfield investiert dabei den Angaben zufolge mehr als eine Milliarde Euro.
Nicht der erste schwere Unfall auf Hafencity-Baustellen
Auf den Baustellen der Hafencity hat es bereits mehrfach schwere Unfälle gegeben. Erst am 2. September waren vier Arbeiter bei einem ähnlichen Unfall an einer Baustelle an den Hamburger Elbbrücken unweit der Hafencity von einem Gerüst gestürzt und teils lebensbedrohlich verletzt worden. Im Juni waren bei einem Brand auf einer Baustelle im Überseequartier mehrere Gasflaschen explodiert. Von dem zehnstöckigen Rohbau zog eine große Rauchwolke in Richtung Innenstadt. Und im April 2020 waren auf einer Baustelle an der Zweibrückenstraße in der Hafencity zwei Arbeiter von herabfallenden Bauteilen schwer verletzt worden.
Mindestens 14 tödliche Arbeitsunfälle in Hamburg
Nach einer Recherche von NDR 90,3 sind mit dem Unglück vom Montag in diesem Jahr bereits 14 Menschen an ihrem Arbeitsplatz tödlich verunglückt. Der bisher schlimmste Arbeitsunfall geschah Anfang Mai in der Kupferhütte Aurubis auf der Veddel. Drei Männer hatten nachts an einer Leitung gearbeitet, aus der plötzlich Stickstoff austrat. Sie verloren das Bewusstsein und kamen ums Leben. Mitte Juni starb ein Arbeiter auf der Baustelle der U-Bahnstation Wandsbek-Gartenstadt, als Stahlträger von einem Gabelstapler fielen. Im August stürzte ein 21-jähriger Arbeiter durch das Dach eines Recyclinghofes in Heimfeld 10 Meter tief in den Tod.