Stand: 23.02.2016 23:48 Uhr

Forderung nach Tempo-30-Limit in Ortschaften

von Jörg Hilbert und Barbara Schmickler

Mehr Tempo-30-Strecken in geschlossenen Ortschaften sollen dafür sorgen, dass Autofahrer langsamer fahren - vor allem auf Straßen, an denen Kindergärten oder Schulen liegen. Dies werde zu mehr Sicherheit führen, findet Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und befürwortet nun Pläne, die seine Ministerkollegen in den Ländern im Herbst vorgelegt haben. Liegen Kindergärten oder Schulen an einer Hauptverkehrsstraße, müssen Autofahrer derzeit nur selten bremsen. Dort gilt in der Regel Tempo 50. Vor allem hier sollen Autofahrer runter vom Gas.

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Kontrolle in Hamburg-Volksdorf

Wie ist die Situation in Norddeutschland? Halten sich die Autofahrer an bestehende Tempolimits? Panorama 3 hat eine Polizeikontrolle an der Grundschule Eulenkrugstraße in Hamburg-Volksdorf begleitet: Im Bereich der Schule gilt Tempo 30, davor und danach 50. Die Polizei ist mit mehreren Einsatzkräften vor Ort. Sie überprüfen, ob sich die Autofahrer an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten.

Polizist Frank Redemann hält ein Auto an. Die Fahrerin war mit 42 km/h unterwegs - statt der erlaubten 30. Für Kinder, die hier zur Schule gehen, ist das ein großer Unterschied. "Stellen wir uns vor, ein Kind rennt auf die Straße", sagt Redemann. "Mit 30 schaffen Sie es meistens, rechtzeitig zu bremsen. Mit 50 nicht mehr." Tempo 30 könnte an dieser Stelle Leben schützen. Die Autofahrerin antwortet: "Ich habe das Schild nicht gesehen. Ich kenne die Strecke, ich dachte, ich wäre schon bei der 50er-Zone."

Kritik: Ein Flickenteppich

Tempo 50, dann 30, dann wieder 50. Wann aus Tempo 50 Tempo 30 werden darf, unterliegt sehr genauen Regeln. "Wir haben einen Flickenteppich auf den Straßen", kritisiert Anja Smetanin vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). In Deutschland gilt grundsätzlich die Regelgeschwindigkeit von 50 km/h in geschlossenen Ortschaften. Doch unter bestimmten Bedingungen darf Tempo 30 angeordnet werden. Eine Rechtslage, die mit sehr viel bürokratischem Aufwand verbunden sei, kritisiert der VCD. Zudem sei das für den Autofahrer kompliziert: "Diese Regelungen führen dazu, dass wir einen ständigen Wechsel haben. Der Autofahrer wird irgendwann müde, immer wieder zu bremsen. Und bremst statt auf 30 irgendwann nur noch auf 40 oder gar nicht mehr ab. Die Autofahrer akzeptieren den ständigen Wechsel nicht", erklärt Smetanin.

Gewerkschaft der Polizei: 30 als Regelgeschwindigkeit

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) prescht deshalb mit einer radikalen Änderung vor: Tempo 30 sollte zur Regelgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften werden. Eine Maßnahme, um den Flickenteppich zu verhindern - und um Leben zu schützen, so die GdP. Denn damit werde das Unfallrisiko in den Städten deutlich sinken. "Wir wollen präventiv Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit. Wir wollen, dass es erst gar nicht zu diesen Unfällen kommt", sagt Jörg Radek von der GdP.

Viele Bürger wollen Tempo 30

In Hamburg-Eimsbüttel haben sich Bürger und einige Lokalpolitiker nach dem tödlichen Unfall einer Joggerin im Januar 2015 zusammengetan - und für die Umgebung flächendeckend Tempo 30 gefordert. Gemeinsam sammelten sie Unterschriften und organisierten eine Demo: "Die Menschen hier wollen Tempo 30. Sie wollen, dass ihre Kinder wohlbehütet in die Schule kommen", sagt Matthias Steffen von der eigens gegründeten Bürgerinitiative. Die zuständige Behörde genehmigte nur einen Teil des Abschnitts. Für die Tempo-30-Befürworter sind die Gründe nicht nachvollziehbar. Aber sie wollen weiter für Tempo 30 kämpfen. Und für mehr Sicherheit in ihrem Viertel.

Eine solch radikale Änderung geht Verkehrsminister Dobrindt zu weit. Er möchte nur die Zahl der Tempo-30-Strecken erhöhen, nicht Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit abschaffen. Dennoch ist es für manche ein Signal, die Forderung nach mehr und mehr Tempo 30 aus der Tabu-Ecke zu holen.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 23.02.2016 | 21:15 Uhr

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