Ex-Hafenmanager Bonz: Senat hat HHLA-Anteile zu günstig verkauft
Der langjährige Chef des Unternehmensverband Hafen Hamburg und frühere Wirtschaftsstaatsrat, Gunther Bonz, hat scharfe Kritik am Hafendeal des Hamburger Senats mit der Schweizer Reederei MSC geübt.
Es ist die größte Umwälzung im Hamburger Hafen seit Jahrzehnten: Erst am Dienstag haben die Stadt und die Schweizer Reederei MSC verkündet, dass sie einen entscheidenden Schritt beim Teilverkauf des Hafenbetreibers HHLA vorangekommen sind. Die verbliebenen Aktionärinnen und Aktionäre können nun aus dem Unternehmen gedrängt werden.
Bonz: Senat hat sich über den Tisch ziehen lassen
Bonz sagte im Interview mit NDR 90,3, der Senat habe sich nach Strich und Faden über den Tisch ziehen lassen. MSC hingegen habe alles richtig gemacht. Der langjährige Chef des Unternehmensverbands Hafen Hamburg machte das an mehreren Punkten fest: Zum Beispiel hätten die zuständigen Senatsvertreterinnen und -vertreter nicht darauf geachtet, dass die HHLA hoch genug bewertet wurde.
"Staatsvermögen verschleudert"
Nehme man den Preis, den MSC jetzt für HHLA-Anteile zahle, dann sei das ganze Unternehmen gerade mal rund 1,2 Milliarden Euro wert. Tatsächlich aber sei die HHLA mindestens das Dreifache wert, so Bonz. Alleine den Aktienkurs zugrunde zu legen, reiche nicht. Deshalb sei Staatsvermögen verschleudert worden, so der Jurist und frühere Wirtschaftsstaatsrat.
Bonz: Bei Verhandlungen fehlte maritimer Sachverstand
Außerdem kritisierte Bonz, dass sich Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel (beide SPD) bei den ersten Verhandlungen mit MSC nicht von der HHLA hätten beraten lassen. Da habe maritimer Sachverstand gefehlt. Zudem bezweifelte Bonz, dass MSC tatsächlich die zusätzliche Ladung nach Hamburg bringt, die sich der Senat erhofft.
Wirtschaftsbehörde weist Vorwürfe zurück
Die Wirtschaftsbehörde wies die Vorwürfe von Bonz zurück - besonders jenen, dass die HHLA zu günstig verkauft werde. Nach Angaben eines Sprechers gab es mehrere unabhängige Bewertungen, die zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die HHLA zumindest aus aktienrechtlicher Sicht nicht zu günstig eingestuft wurde. Außerdem habe man sich bei den Verhandlungen sehr wohl beraten lassen. Und insgesamt habe man etwas tun beziehungsweise verändern müssen bei der HHLA, denn beim Hafenbetreiber stünden erhebliche Investitionen an, die man nun zusammen mit MSC angehen könne.
Leonhard: Perspektive für die HHLA finden
Am Mittwochabend war Leonhard zu Gast im Hafen-Klub an den Landungsbrücken und hielt vor rund 100 Vertreterinnen und Vertretern der Hafenwirtschaft eine Rede. Ohne auf die Kritik von Bonz direkt einzugehen sagte Leonhard, es gehe darum, Perspektiven für die HHLA zu finden. Schließlich habe der Hamburger Hafen in den letzten zehn Jahren Marktanteile an die Konkurrenz in Westeuropa verloren. Das liege auch daran, dass sich anderswo Reedereien schon länger an Hafengesellschaften beteiligen können.