Entlassene Strafgefangene: allein ohne Chance
Kaum draußen - schon wieder drin: Für mindestens ein Drittel der Straftäter hat das Gefängnis eine Drehtür. Sie landen innerhalb von drei Jahren wieder hinter Gittern, oft schon kurze Zeit nach der Entlassung, wie eine Göttinger Studie ergeben hat.
Das muss nicht sein, sagen Kriminologen. Sie fordern ein so genanntes "Übergangsmanagement", eine bessere Vorbereitung auf ein Leben in Freiheit - und zwar schon während der Haft und auch noch danach. Alle Leistungen der Behörden und freien Träger müssten ein Netz bilden, so dass die Entlassenen begleitet und auch kontrolliert werden. Viele brauchen Hilfe bei der Wohnungs- und Jobsuche, beim Schuldenabbau oder eine Suchttherapie. Wer nach dem Gefängnis eng betreut wird, landet nicht so schnell wieder hinter Gittern. Das belegen Studien schon seit Jahren.
Situation in Hamburg besonders schlecht
Doch gerade in Hamburg ist die Situation fatal. Dabei steht im Arbeitsprogramm des Senats: "Eine gelungene Resozialisierung ist der beste Opferschutz." Doch viele Straftäter fallen in ein "Entlassungsloch": Sie bekommen keine Hilfe und kehren deshalb in ihr altes Milieu zurück. Jedes Jahr verlassen rund 1.900 Häftlinge die Hamburger Justiz-Vollzugsanstalten. Davon rund 1.500 ohne Bewährung und damit auch ohne Bewährungshilfe.
Für diese Endstraftäter gibt es in Hamburg nur fünf Sozialarbeiter, die den Weg in die Freiheit begleiten. "Da kann nichts Sinnvolles stattfinden", so Professor Bernd Maelicke. Er leitete eine Fachkommission, die die Hamburger Resozialisierung untersucht hat. Behördenvertreter, Opfer-Vertreter, Kriminologen und Beamte aus dem Strafvollzug einigten sich auf über 100 Maßnahmen, die die Resozialisierung verbessern sollten. Besonders wichtig waren ihnen der Aufbau eines Übergangsmanagements mit professioneller Fallbetreuung und eine Anlaufstelle für entlassene Straffällige.
Das Konzept wird nicht umgesetzt
Schon seit Februar 2010 liegt dem Senat dieses Konzept vor. Doch für die Umsetzung müssten Gelder aus dem Strafvollzug für die Resozialisierung umgeschichtet werden und das kommt für den Hamburger Senat nicht in Frage. Die Behörden hätten "zur Konsolidierung des Haushalts beizutragen", deshalb stünden "derzeit keine Mittel zur Verfügung". "Das ist ein Schlag ins Gesicht all dessen, was die Kommission hier erarbeitet hat. Natürlich ist das Ergebnis frustrierend", sagt Prof. Maelicke. Frustrierend und eine Gefahr für die innere Sicherheit: Denn eine erfolgreiche Resozialisierung zeigt sich erst in Freiheit - und nicht im Strafvollzug.