Bismarck neigt sich: Denkmal braucht Sanierung
Es ist das weltweit größte Denkmal des ersten deutschen Reichskanzlers. Es steht mitten in Hamburg - nur einen Steinwurf von Reeperbahn und Hafen entfernt. Dennoch ist es kaum zu sehen. Hohe Bäume verdecken das insgesamt mehr als 34 Meter hohe Standbild von Otto von Bismarck. Weil auch der Alte Elbpark drumherum nicht gerade einladend wirkt, fristet das 1906 eingeweihte Monument nur noch ein Schattendasein.
Der Bezirk Mitte will das nun ändern. Die Sanierung des Denkmals wird derzeit geprüft. Auch der Park soll schöner gestaltet werden. Diesen Beschluss fasste die Bezirksversammlung Mitte auf Antrag der SPD-Fraktion im Juni. "Man kann ein Denkmal dieser Größenordnung sicherlich besser präsentieren", betont Bezirksamtsleiter Andy Grote. Zusammen mit Gerd Baum, Leiter des Fachamtes Management des öffentlichen Raumes, und NDR.de macht er sich bei einem Rundgang durch die Katakomben ein Bild vom Zustand des Denkmals.
Der Zugang ist nur durch eine kleine Luke auf der Rückseite des Sockels möglich. Über eine steile Holzleiter geht es fünf Meter in die Tiefe. Bei jedem Schritt ist Vorsicht geboten. Ein Helm ist Pflicht, aus Sicherheitsgründen ist der Zutritt für die Öffentlichkeit seit vielen Jahren verboten. Unten ist es kühl und feucht. Wasser sickert durch die Mauern. Es haben sich Stalaktiten und Stalagmiten gebildet - wie in einer Tropfsteinhöhle. Überall liegen Schutt und Geröll. Jeder Schritt muss gut überlegt sein. Die Treppengeländer sind verrostet und dürfen nicht mehr berührt werden.
Riesige Wandbilder und Inschriften
Unter dem Denkmal gibt es acht wabenförmige Räume, die tortenförmig angeordnet sind. Ein Rundgang führt um das Herzstück in der Mitte: ein mehr als 15 Meter hoher steinerner Kegel, der den unteren Teil der Bismarck-Figur bildet. Im Kegelinneren - der sogenannten Trommel - finden sich mehrere Meter große Zeichnungen, Wappen und Schmierereien an den Wänden. Auch die acht Räume sind mit meist martialischen und nationalistischen Wandbildern und Schriften verziert. Reichsadler und Hakenkreuze sind zu sehen - Spuren der Nazis, die im Denkmal während des Zweiten Weltkrieges Luftschutzbunker einrichteten.
Nazis verbauten 2.200 Tonnen Beton für Bunker
Und genau das könnte das Problem des Denkmals sein. "Die Nazis haben nach unseren Schätzungen etwa 2.200 Tonnen Beton nachträglich eingebaut", erklärt Baum. Alles sei in Bewegung, das Bauwerk dränge nach Osten. "Das Denkmal ist nie zur Ruhe gekommen." Die Bismarck-Figur kippte bereits um 9,4 Zentimeter - allein in den vergangenen zehn Jahren waren es 0,5 Zentimeter. Deshalb untersuchen Experten derzeit die Statik und prüfen, ob der später verbaute Beton wieder entfernt werden kann. "Unser Ziel ist es, das Denkmal wieder in den historischen Ursprungszustand zu versetzen", sagt Grote. "Exakte Pläne des Bauwerks gibt es allerdings nicht", bedauert Baum. So ist auch unklar, wohin einige unterirdische Gänge führen, die zugemauert wurden. Diese Rätsel sollen gelöst werden. "Wir wollen uns schließlich ein vollständiges Bild machen können. Dazu gehört auch, dass wir per Hubsteiger Bismarck auf den Kopf gucken", sagt Baum.
Alter Elbpark soll nach historischem Vorbild gestaltet werden
Dass das Denkmal mit Graffitis und Schmierereien übersät ist, ärgert ihn. "Eine Reinigung kostet 7.000 Euro - und zwei Tage später sieht es wieder genauso aus." Deshalb würden nur politische Parolen entfernt. Der Bezirk möchte nicht nur das Denkmal, sondern auch den Alten Elbpark, der zu den Wallanlagen gehörte, nach historischem Vorbild wieder herrichten. "Der Zustand ist derzeit nicht gerade einladend", betont Grote.
"Hamburg wird das nicht allein leisten können"
Für die Denkmal-Sanierung und die neuen Grünanlagen rechnet er insgesamt mit Kosten im zweistelligen Millionenbereich. Der Bezirk habe dafür allerdings kein Geld. "Hamburg wird das allein nicht leisten können." Der Bezirkschef ist aber zuversichtlich, dass es Unterstützung vom Bund geben wird. "Das Gebäude ist in schlechtem Zustand und ich glaube nicht, dass irgendjemand das Denkmal abreißen will." Es gehe nicht um die historische Bedeutung von Bismarck. "Das Denkmal ist nun mal da und jetzt müssen wir uns damit beschäftigen." Es gehe darum, einen lebendigen Ort in der Stadt zu schaffen.
Zunächst müsse das Denkmal saniert werden - anschließend solle der Park verschönert werden. "Bis alles fertig ist, dauert es aber sicher noch fünf Jahre."
Restaurant oder Club im Denkmal?
Erst dann könne der Bezirk prüfen, ob und wie auch eine Publikumsnutzung des Denkmalsockels möglich wäre. Laut Grote gab es immer wieder Interesse von Cafés, Restaurants oder auch Clubs. "Theoretisch wäre die Nutzung der Räume möglich. Ich will es nicht ausschließen - aber bei den heutigen Auflagen wird es wohl schwierig. Wir müssen aber noch abwarten", sagt der 45-Jährige. Die hohen Sanierungskosten müsste die Stadt dann aber sicher über die Pacht wieder auffangen. "Es gibt aber noch keine konkrete Anfrage oder gar ein Angebot, dass sich ein Investor an der Sanierung beteiligen will."