Stand: 18.02.2015 19:00 Uhr

Auf der Spur des IS-Anführers al-Baghdadi

von Amir Musawy, Georg Mascolo, Volkmar Kabisch

Er ist der meistgesuchte Mann der Welt und gilt als gefährlichster Terrorist: Abu Bakr al-Baghdadi. Er ist der Anführer der Terrororganisation "Islamischer Staat". Al-Baghdadi ist verantwortlich für Dutzende Selbstmordanschläge, Geiselnahmen und Enthauptungen. Die Terror-Herrschaft des Islamischen Staates wäre ohne ihn kaum denkbar. Trotzdem bleibt al-Baghdadi ein Phantom. Kaum jemand weiß etwas über ihn. Nun ist es einem Team von NDR, WDR, SWR und "Süddeutscher Zeitung" gelungen, zahlreiche Dokumente aus seinem Leben zu finden.

Die Recherche führt die Reporter nach Samarra, in die Heimatstadt von Baghdadi. Ein Militärhubschrauber bringt das Reporterteam zu seinem ersten Ziel. Ohne Schutz, so sagt es die irakische Regierung, sei es dort lebensgefährlich. Die Stadt liegt nördlich von Bagdad. Keine 15 Kilometer von hier verläuft heute die Front. Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates (IS) und die irakische Armee liefern sich erbitterte Gefechte.

Nachbarn: Baghdadi stammt aus "normaler Mittelschicht"

Blick aus Helikopter im Anflug auf Samarra. © NDR
Der Flug von Bagdad aus dauert eine dreiviertel Stunde - mit schwer bewaffneten Wachleuten.

Baghdadi gilt als der Mann, der Terror gegen Zivilisten, Enthauptungen und Verbrennungen zur IS-Strategie gemacht hat. In Samarra wurde Baghdadi, mit bürgerlichem Namen Ibrahim Awad Ibrahim al-Badri, 1971 geboren.

Er stammt aus einer Bauern-Familie, "normale Mittelschicht", so schildern es Nachbarn. Weder arm noch reich sei die Familie gewesen, heißt es. Die Menschen hier erinnern sich an einen Mann mit einer schönen Stimme, der gut Fußball spielen konnte und den Kindern aus dem Koran vorgelesen hat.

Die Recherche über al-Baghdadi wird eine Reise quer durch den Irak. Eine weitere Station ist Bagdad. Dort hat der Anführer des IS Islamwissenschaften studiert. Ursprünglich hatte er sich für Jura beworben, doch seine Noten waren dafür offenbar zu schlecht.

Camp Bucca: "Wir leiden sehr unter den Leuten, die dort inhaftiert waren"

Das US-Gefangenenlager Camp Bucca wird zum Wendepunkt im Leben von Baghdadi. Im Zuge des US-geführten Kriegs gegen den Irak wird er im Februar 2004 verhaftet und dort interniert. Iraks Premierminister al-Abadi berichtet, Baghdadi habe in diesem Gefängnis "eine Menge Training" bekommen. Hier in dem Gefangenenlager werden alte Saddam-Gefährten, Generäle, Geheimdienstler gemeinsam mit Islamisten eingesperrt. "Wir leiden sehr unter den Leuten, die dort inhaftiert waren", sagt al-Abadi. Fast die gesamte Führungsriege des IS lernt sich hier kennen. Baghdadi bleibt zehn Monate hier, im Dezember 2004 wird er entlassen.

Dissertation mit Rechtschreibfehlern, aber "sehr gut"

Etwas mehr als zwei Jahre später, im März 2007, legt er seine Dissertation vor. Obwohl seine Prüfer die vielen Rechtschreibfehler in seiner Promotion bemängeln, erhält er die Note "sehr gut". Unmittelbar danach taucht Baghdadi unter. Seine Doktorwürde hilft ihm offenbar dabei, in der Terror-Hierarchie aufzusteigen. Er wird vom Propagandisten zum Rechtsgelehrten. Ein Weggefährte sagt, er sei ziemlich streng in seinem Urteil gewesen und habe eher zu der Todesstrafe als zur Gnade tendiert.

Im Mai 2010 wird Baghdadi zum Emir des "Islamischen Staates im Irak" gewählt. Und Baghdadi wird zu dem, der er heute ist: zum unumstrittenen Führer der grausamsten Terrorgruppe der Welt.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | 18.02.2015 | 23:00 Uhr

Ein Smartphone mit einem eingeblendeten NDR Screenshot (Montage) © Colourbox Foto: Blackzheep

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