Tipps vom Experten: So werdet ihr seltener unterbrochen
Von dominanten Kolleginnen und Kollegen ständig mitten im Satz unterbrochen zu werden, kann richtig nerven. Mit ein paar Tricks könnt ihr endlich ausreden und Selbstdarsteller sogar selbst in ihrem Redefluss unterbrechen.
Wir alle kennen solche Menschen, die anderen immer wieder ins Wort fallen. Besonders nervig ist es, wenn genau diese Personen dann selbst nicht mehr aufhören zu reden und kaum zu stoppen sind.
Dass manche Menschen dazu tendieren, anderen ständig ins Wort zu fallen, kann unterschiedliche Gründe haben. Laut dem Kommunikationscoach Jörg Abromeit kann es zum Beispiel daran liegen, dass jemand sehr egozentrisch oder dominant ist und sich selbst am allerliebsten reden hört. Es könne aber auch daran liegen, dass jemand nicht an der Meinung des Gegenübers interessiert oder einfach in Eile sei. Der Experte, der auch Politikerinnen und Politiker berät, empfiehlt aber, uns auch selbst zu hinterfragen, wenn man uns selten ausreden lässt.
Kernfrage: Warum werden wir unterbrochen?
Denn wenn wir uns im Gespräch zu unterwürfig geben würden, sei es ganz klar, dass wir unterbrochen werden. "Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich einfach zu ausschweifend berichte und erzähle", so Abromeit. In diesem Falle sollten wir uns selbst fragen, ob wir daran etwas ändern können und "das, was wir in 17 Sätzen sagen, vielleicht auch in drei Sätzen sagen können."
Seltener unterbrochen werden - so geht's
Bekannte Kommunikationstrainerinnen und Rhetorikexpertinnen wie Isabel Garcia und Jessica Bennett geben zahlreiche Tipps, wie wir uns mehr Gehör verschaffen können und nicht mehr so oft unterbrochen werden - zum Beispiel:
- Macht euch groß: Zeigt euer Selbstbewusstsein durch eure Körperhaltung und macht dadurch klar, dass ihr etwas Wichtiges zur Diskussion beitragen könnt. Zieht nicht den Kopf ein, sondern macht euch mit gestrecktem Nacken und geradem Rücken so groß wie möglich.
- Setzt euch in die Nähe des Chefs: Ein simpler, angeblich aber effektiver Tipp - denn in Richtung des Vorgesetzten trauen sich Leute oft nicht zu unterbrechen. Hinzu kommt, erklärt die Psychologin Monika Matschnig, dass man nicht als relevanter Entscheider wahrgenommen wird, wenn man zu weit vom "Machtzentrum" weg sitzt.
- Achtet auf euren Satzanfang: "Sorry, ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube ..." - wenn ihr euren Satz so beginnt, habt ihr schon verloren. Durch Entschuldigungen oder Relativierungen wirkt ihr unsicher und vermittelt euren Kollegen direkt, dass eure Idee vielleicht gar nicht so gut ist. Das schmälert die Aufmerksamkeit. Fangt besser so an: "Ich schlage vor, dass ..." oder "Wir sollten ...".
- Achtet auf eure Sprechmelodie: Geht am Ende des Satzes unbedingt mit der Stimme runter und verseht eure Idee oder eure Aussage dadurch mit einem Punkt oder einem Ausrufezeichen statt mit einem Fragezeichen. Sonst klingt eure Aussage wie eine Frage - logisch, dass andere reinquatschen, um auf die Frage zu antworten.
"Wenn uns jemand unterbricht, müssen wir das sofort sanktionieren"
Fällt euch doch jemand ins Wort, rät Abromeit, sich dies nicht gefallen zu lassen. Im Gegenteil - wir sollten unser Gegenüber sofort damit konfrontieren.
Wenn ich zulasse, dass mich jemand zwei Mal hintereinander unterbricht, hat er sich so etwas wie ein Gewohnheitsrecht geschaffen.
Abromeit schlägt vor, zum Beispiel zu sagen: "Sie haben mich gerade unterbrochen - mir ist es aber total wichtig, dass ich meinen Punkt zu Ende bringen kann."
"Bestärkende Signale abstellen": Wie wir selbst einen Redefluss unterbrechen
Um überhaupt zu Wort zu kommen, müssen wir den Redefluss anderer Menschen aber manchmal erst unterbrechen. Das kann gerade bei solchen Kolleginnen und Kollegen, die uns ständig ins Wort fallen und anschließend kein Ende mehr finden, eine echte Herausforderung sein. Und wie gelingt es, ohne dem Gegenüber selbst unhöflich ins Wort zu fallen? Interview-Trainer und -Trainerinnen empfehlen häufig, mit der Hand zu arbeiten und sie in Richtung des Gesprächspartners zu schieben, um unterschwellig zu signalisieren, dass wir gerne etwas beitragen möchten. Abromeit hat aber noch einen viel simpleren Trick parat:
Wir neigen dazu, mit dem Kopf zu nicken, wenn die andere Person spricht. Solange wir das tun, hat der oder die andere überhaupt keine Veranlassung, damit aufzuhören. Die allereinfachste Methode, einen langen Redefluss zu unterbrechen, besteht darin, einfach das Kopfnicken und andere bestärkende Signale abzustellen. Jörg Abromeit, Kommunikationsexperte
Also: kein Nicken, kein Blickkontakt, kein Lächeln. In 70 bis 80 Prozent der Fälle fühle sich das Gegenüber dadurch so unwohl, dass er oder sie aufhöre zu reden. "Vielleicht fragt er sogar, ob irgendwas ist", stellt Abromeit in Aussicht.
Stellt geschlossene Fragen
Um dazwischen zu kommen, habe sich außerdem die Variante bewährt, den Namen der sprechenden Person zu nennen. Danach muss allerdings logischerweise noch etwas kommen - zum Beispiel eine geschlossene Frage, auf die euer Gegenüber nur mit "Ja" oder "Nein" antworten kann. "Also: 'Herr Meyer, habe ich es richtig verstanden, dass Sie ...'? Und dann fasse ich es in einfachen Worten zusammen", erklärt Abromeit.
Fazit: Lässt euch das nächste Mal eine Kollegin oder ein Kollege nicht ausreden oder euch nicht zu Wort kommen, traut euch ruhig und zeigt allen, dass ihr genauso viel beitragen könnt - und zwar, ohne ewig lange zu schwafeln. Und vielleicht funktionieren die Tricks ja nicht nur bei Kolleginnen und Kollegen, die sich selbst gerne reden hören, sondern auch bei Freundinnen und Freunden, die sich manchmal in ihren eigenen Geschichten verlieren und einfach kein Ende finden.