Nicola Porporas Weihnachtsoratorium
Am "Jauchzet, frohlocket" führt kein Weg vorbei: Johann Sebastian Bachs Musik gehört zum Weihnachtsfest wie Lebkuchen und Tannenbaum. Aber es gibt auch Alternativen - wie das erst kürzlich wiederentdeckte Weihnachtsoratorium des Barockkomponisten Nicola Porpora aus dem Jahr 1747. Eine Konzertaufnahme aus Hamburg unter Leitung von Riccardo Minasi erweckt das Stück zu neuem Leben.
Der Friede ist in Aufruhr. Er macht sich Sorgen um das Menschengeschlecht und diskutiert mit der Stimme der Gerechtigkeit über die Zukunft und die Kraft der Vergebung.
Der Auftritt von allegorischen Figuren wie dem Frieden, der Gerechtigkeit und der Wahrheit bildet den Rahmen des Weihnachtsoratoriums von Nicola Porpora. Sie klagen über den Verfall von Vernunft und Tugend, steigen auf die Erde hinab, um den Lauf der Welt zu verbessern und drängeln sich um einen Platz an der Krippe in Bethlehem.
Plastische Farben und sangliche Melodien
Mit seiner Geschichte schlägt Porpora einen anderen Weg ein als Johann Sebastian Bach wenige Jahre vor ihm. Der italienische Komponist verzichtet auf einen Evangelisten als Erzähler, er vertont keinen Bibeltext, sondern das Libretto eines zeitgenössischen Dichters und profitiert auch in der geistlichen Musik hörbar von seiner Erfahrung als Opernkomponist. Er fesselt mit plastischen Farben und sanglichen Melodien.
Höhepunkte mit Terry Wey
Der Countertenor Terry Wey betört in der Rolle des Friedens mit seinem süßem Timbre und blitzsauberen Koloraturen. Er ist die Hauptfigur der Aufnahme, die im Dezember 2016 in der Hamburger Laeiszhalle entstanden ist, bei einem Konzert der NDR Reihe Das alte Werk.
Die Arien von Terry Wey gehören zu den Höhepunkten des Albums, ebenso wie sein Duett mit der Sopranistin Roberta Invernizzi als Gerechtigkeit. Gemeinsam besingen die beiden ihre Zärtlichkeit und Liebe in Anbetracht des neugeborenen Christkinds.
Weihnachtsoratorium nur in Ausschnitten zu hören
Riccardo Minasi leitet die Aufführung als Konzertmeister vom ersten Pult des Basler Kammerorchesters. Er begleitet die Sänger sensibel und demonstriert zugleich das von ihm gewohnte Temperament und eine große Lust am Kontrast - etwa in der einleitenden Sinfonia, wo er die sanften Flötenfarben mit kernigen Klängen der Hörner ablöst.
Nicola Porporas Weihnachtsoratorium ist eine Entdeckung; man würde das Stück eigentlich gerne ganz hören. Dass die Aufnahme nur Ausschnitte und nicht das komplette Werk präsentiert, hätte das Label Sony auf dem Cover der CD einmal klar sagen müssen, um Missverständnisse zu vermeiden. Einer der wenigen Einwände gegen die musikalisch sehr gelungene Produktion, die uns zur Weihnachtszeit eine schöne Bescherung offenbart.
Christmas Oratorio - Il Verbo in Carne
- Label:
- Sony Classical