Kolumne: "Wo bleibst Du Trost der ganzen Welt?"
Trost bedeutet seelischen Halt zu geben - in Zeiten von Schmerz, Trauer und Krisen. Es geht darum, Trost Suchende nicht allein zu lassen und sich mit ihnen zu verbinden. Ob schweigend, mitfühlend oder freundlich.
"Ich hätte Trost gebraucht", sagt neulich ein Interviewpartner zu mir. Ich bin wirklich erstaunt, aber mein Herz ist offen und ich bin hellwach. "Ich brauche Trost", den Satz bin ich nicht gewöhnt. Von Kindern schon "Kannst Du mich trösten?", sagen sie, kuscheln sich auf meinen Schoß, wollen, dass ich singe und summe. Aber von Erwachsenen habe ich so etwas ganz selten gehört. Schon gar nicht von Männern, muss ich leider ergänzen.
"Brauchen wir kollektiv eine Extraportion Trost?"
Jetzt frage ich mich: Gibt es so viel Empörung und Wut in der Welt, weil wir furchtbar ungetröstet sind? Kann es sein, dass wir alle kollektiv eine Extraportion Trost bräuchten? Die vergangenen Jahre mit Corona, neuen Krisen und Kriegen und der Klimawandel würden echt rechtfertigen, dass wir Sehnsucht nach Trost haben. Stattdessen diskutieren, debattieren wir, erbitten uns Solidarität oder eine faire Diskussion. Aber Trost? Eher nicht. Wenn ich um Trost bitte, zeige ich mich verletzlich und bedürftig. "Meine Welt und ich stehen schief, wir sind aus dem Lot und ich brauche Beistand, ein gutes Wort, Liebe. Sei da für mich."
"Wer getröstet wird, kann selber Trost spenden"
Meine Erfahrung ist: Trost muss nur angestoßen werden und vermehrt sich dann weiter. Wer getröstet wird, kann selber Trost spenden. So kann sich Trost ausbreiten. Jede und jeder kann anfangen. Das Gute: Trost braucht keine schlauen Wörter. Schweigen kann ein wunderbarer Trost sein. Entscheidend ist: Ich muss ganz Ohr sein, den Schmerz, Kummer und Frust beim Gegenüber anerkennen. Und stehe dann zur Seite, mit dem, was ich geben kann - an Mitgefühl, Freundlichkeit, Taschentüchern oder Schokolade.
Erfreulich finde ich, dass in der Bibel Trost richtig oft auftaucht. "Tröstet, tröstet mein Volk" heißt es bei dem Propheten Jesaja. Da sind so viele tröstliche Geschichten und Verse drin, dass es auch das Trostbuch genannt wird. Ich finde: Wenn man darin liest, ist es manchmal wie eine Umarmung und darum meine Leseempfehlung.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Regelmäßig vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.