Kolumne: "Wir sind alle Kinder Abrahams"
Abraham gilt als geistiger Stammvater von Juden, Christen und Muslimen. Heute gibt es interreligiöse Dialoge: In Hamburg verantworten Kirchen, jüdische Gemeinde, Aleviten und Muslime den Religionsunterricht an Schulen.
In meinem Alltag sehe ich nicht, dass Frauen mit Kopftuch angefeindet werden. Meine Söhne sind weiter mit ihren muslimischen Mitschülern befreundet. Und mit den Eltern meiner Fußballmannschaft ist der Kontakt weiterhin gut, egal, welche Nationalität und Religion sie haben. Aber ich bekomme natürlich mit, dass es sehr viele antisemitische Straftaten gibt, dass sich Muslime missverstanden und in eine Ecke gedrängt fühlen. Ich sehe, dass einige Politiker wieder von "uns" und "denen" reden. Das Trennende wird betont. Aber, so meine feste Überzeugung, das ist genau der falsche Weg. In meiner katholischen Kirche wurde das schon vor fast 70 Jahren festgeschrieben.
Religionen - Den Blick auf das Gemeinsame lenken
Wenn man Einheit und Liebe unter den Menschen und Völkern fördern will, muss man den Blick vor allem auf das Gemeinsame richten, auch bei den nicht-christlichen Religionen. Dieser Gedanke steht in "Nostra Aetate", einem Dokument des zweiten vatikanischen Konzils. 1965 war das, und damals war es eine Sensation.
Abraham - Geistiger Vater von Christen, Juden und Muslimen
In Bezug auf Muslime und Juden wird im Text auch auf Abraham hingewiesen, den Stammvater des Volkes Israel. Auch Muslime verehren ihn. Abraham soll auf Gottes Befehl hin die Grundmauern der Kaaba in Mekka gebaut haben, einmal im Jahr Ziel von Millionen muslimischen Pilgern. Wir Christen sind der jüdischen Wurzel als Schössling eingepfropft, steht im Text. Wir alle sind Kinder Abrahams. Auf offizieller Ebene läuft so einiges gut. Der Papst hat schon mehrfach arabische Länder besucht. Hier bei uns im Norden gibt es interreligiöse Beauftragte der beiden Kirchen.
Interreligiöser Dialog bietet Austausch unter Religionen
In Schwerin gibt es den interreligiösen Dialog Schwerin. In Hamburg verantworten Kirchen, jüdische Gemeinde, Aleviten und Muslime gemeinsam den Religionsunterricht an staatlichen Schulen. Am ersten Advent mache ich ein Interview mit Fatih Mutlu, Vorsitzender der Schura, Islamische Religionsgemeinschaften in Schleswig-Holstein und Walter Blender, Vorsitzender des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden. Gemeinsam reden wir über Frieden.
Ich meine allerdings, dass wir gerade jetzt verstärkt auch das alltägliche Gespräch suchen sollten. Mit Nachbarn, Kolleginnen und so weiter. Wie geht es dir? Was glaubst du? Was feiert ihr eigentlich für Feste? Wenn wir dann das Gemeinsame suchen, dann tragen wir alle unseren Teil zum Frieden bei.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.