"Race across America": Nordfriesen fahren europäischen Rekord
Die Ultra-Radfahrer vom SV Enge-Sande haben es geschafft: In fünfeinhalb Tagen haben sie beim "Race across America" die USA durchquert - 5.000 Kilometer im Fahrradsattel. Das ist europäischer Rekord in der Kategorie für acht Fahrer.
Das Radrennen "Race across America" gilt als eines der härtesten der Welt. Es führte das Team des SV Enge-Sande (Kreis Nordfriesland) vom Pazifik im Westen bis an den Atlantik im Osten, durch Wüsten und über die Rocky Mountains. Fünf Tage und 13 Stunden standen am Ende auf der Uhr. So lange hat das nordfriesische Ultra-Radteam für die 5.000 Kilometer von Oceanside in Kalifornien bis Atlantic City in New Jersey gebraucht.
Damit ist das Team das sechstschnellste Achterteam überhaupt seit dem ersten Start des Rennens im Jahr 1982 - und das schnellste europäische Team. "Wir sind super zufrieden, als kleiner Verein aus ganz oben im Norden mit acht Fahrern aufzulaufen, die nicht zusammengekauft sind. Das ist schon richtig cool", sagte Sören Sönksen. Er war 150 Kilometer vor dem Ziel noch gestürzt, konnte aber weiterfahren.
Ungewöhnlicher Seitenwind in Kansas
Überhaupt waren die Fahrer während des Rennens extremen Bedingungen ausgesetzt. Temperaturen von Null bis 50 Grad in den Bergen und in der Wüste, dazu Steigungen und Fahrten bei Nacht. Gebremst hat vor allem ein ungewöhnlicher Seitenwind in Kansas - ihr Ziel, den Gesamtstreckenrekord als Achter-Team zu knacken, verfehlten die Nordfriesen damit. Am frühen Freitagmorgen Ortszeit Atlantic City kam das Team dann ins Ziel. "Nach nur zwei bis vier Stunden Schlaf pro Nacht ist es egal, dass es morgens ist - es fühlt sich an wie abends. Ein Bier geht daher trotzdem", sagte Jonas Sönksen.
Team der Rekorde vom SV Enge-Sande
Dass die junge Ultra-Cycling-Radsparte des SV Enge-Sande zu extremen Leistungen im Stande ist, hat sie bereits mehrfach seit ihrer Gründung vor fünf Jahren gezeigt. 2019 stellte sie den Streckenrekord beim "Race across Germany" auf: 1.100 Kilometer fuhren die Radler damals von Flensburg nach Garmisch. 2022 gab es dann den Streckenrekord beim "Race across Europe". Hier legte das Team 4.721 Kilometer in sechs Ländern zurück und kam als erstes ins Ziel. Das "Race across America" war ihr bisher größtes Rennen.
Fast 5.000 Kilometer in fünfeinhalb Tagen
Rund 360 Fahrer aus der ganzen Welt haben an dem Rennen teilgekommen - allein, zu zweit, zu viert oder eben zu acht, so wie die Nordfriesen. Vor dem Rennen hatte Sören Sönksen gesagt: "Wir hoffen auf viel Wind aus Westen, sodass wir den immer schön im Nacken haben." Dorther kam der Wind zunächst auch - bis sie in Kansas von extremem Seitenwind gebeutelt wurden.
Die Strecke hatte es in sich. Von Kalifornien ging es durch die Wüste von Arizona, später über die Rocky Mountains mit bis zu 3.000 Meter hohen Pässen. "Klingt komisch, aber mir macht das einfach unglaublich Spaß zu schauen, zu was mein Körper fähig ist", sagte Hannes-Anke Schmidt, einer der Fahrer, die sich monatelang in Nordfriesland fit gemacht hatten für das Abenteuer USA.
"Alles muss genau geplant sein." Sören Söncksen, Teamleiter
Renn-Fahrräder kosten bis zu 20.000 Euro
Die Vorbereitung begann vor einem Jahr, erzählte Teamleiter Sören Sönksen. "Da steckt ein enormer logistischer Aufwand dahinter, alles musste genau geplant sein”, sagt er. "Es durfte vor allem nichts dazwischenkommen. Aber auch ein Autoausfall wäre eine Katastrophe gewesen", so Sönksen. Dazu kam es nicht - kleinere Fahrradunfälle gab es hingegen schon.
Geschlafen wurde in zwei vor Ort angemieteten Wohnmobilen. Dazu kamen zwei Begleitfahrzeuge mit Material, Nahrung, Wasser, Medizin. Das Ultracycling Team des SV Enge-Sande rechnete für das Rennen mit Gesamtkosten von 90.000 Euro. Rund 50.000 Euro haben sie durch Firmen und Spenden eingesammelt. Den Rest bezahlten die Fahrer aus eigener Tasche.
Bis zu 50 Grad in den USA in der Wüste
Neben der Planung der Logistik hatten alle natürlich auch monatelanges Training in den Knochen. Da alle Fahrer keine Vollprofis, sondern berufstätig sind, haben sie sich meist am Wochenende in Nordfriesland getroffen und Hunderte Kilometer im Training an der Nordsee abgespult. Auch ein Trainingslager auf Mallorca gab es.
Fahrer Thomas Schneidereit nutzte zusätzlich die Abendstunden zur optimalen Vorbereitung. "Ich habe mich auch vorbereitet, indem ich zum Beispiel auch mal um 21 Uhr drei Stunden auf die Rolle gegangen bin." Gefahren wurde in den USA rund um die Uhr.
15 Minuten am Stück Vollgas - 14 Mal am Tag
Und so war der taktische Plan: Jeder Fahrer fuhr so schnell er kann 15 Minuten am Stück, dann wurde er durch einen frischen Fahrer getauscht, der wiederum 15 Minuten Vollgas gab. In einer Stunde waren es also immer vier Fahrer, die sich abwechselten. Und das 14 Stunden lang, bis das andere Viererteam, das in der Zeit mit dem Wohnmobil und Teamwagen zum nächsten Wechselpunkt vorgefahren ist, übernommen hat und dann selbst 14 Stunden gefahren ist.
Jeder Fahrer musste pro Tag also 14 Mal in 14 Stunden 15 Minuten Vollgas geben, dann hatte er Pause. Zeit, um sich zu erholen und zu schlafen. Neben den acht Fahrern waren sechs Betreuerinnen und Betreuer in den USA dabei.
"Wir sind ja noch die Normalen unter den Verrückten." Sören Söncksen, Teamleiter
Extreme Temperaturen waren zusätzliche Herausforderung
Es war unter anderem die Hitze, die den Fahrern zu schaffen machte. Während des Rennens wurden aus dem Death Valley in Kalifornien fast 50 Grad Celsius gemeldet. In den Rocky Mountains waren es dann teilweise nur noch null Grad. Auch die Appalachen waren herausfordernd. Die Luftfeuchtigkeit war dort meistens sehr hoch, wodurch die Fahrer Probleme mit dem Kühlungseffekt durch Schweiß und Verdunstungskälte bekamen.
Gefahren sind sie trotzdem - und haben es geschafft: Den europäischen Rekord in der Kategorie für acht Fahrer haben sie in der Tasche.