Neue Pächterinnen beleben den Gasthof "Waldheim" in Bohmstedt
Während viele Gasthöfe dicht machen, haben drei Frauen aus Nordfriesland einen leer stehenden Gasthof in Bohmstedt wieder fit gemacht. In der Gastronomie hat von ihnen noch keine zuvor gearbeitet.
Die erste Idee, das "Waldheim" im Bohmstedter Wald im Kreis Nordfriesland zu pachten, hatten die drei Freundinnen Ende 2023. Jede für sich. Dann aber erfuhren Romy Arndt, Bente Jensen und Gesa Petersen jeweils von der Idee der anderen und setzten sich zusammen. "Und als wir gehört haben, dass die anderen auch drüber nachdenken, haben wir gedacht, na gut, wenn wir viele sind, dann schaffen wir das vielleicht auch", sagt Romy Arndt, eine der drei Gasthofbetreiberinnen und lacht dabei fröhlich. "Wir wollen eine kulturelle Begegnungsstätte etablieren", so ihr Wunsch.
"Wir sind kollektive Quereinsteiger." Romy Arndt, Gasthofbetreiberin
Zwar hatte keine von ihnen jemals hinter einem Tresen gestanden, aber das war ihnen egal. "Wir sind kollektive Quereinsteiger", sagt Romy Arndt. Sie arbeitet unter der Woche selbstständig als Trauerbegleiterin in Flensburg, dazu noch bei Freundin Gesa Petersen auf dem Hof. Sie hilft vor allem beim Melken der 30 Kühe. Gesa betreibt einen Biohof in Bohmstedt - und jetzt auch noch einen Gasthof. Sie liebt es, in der Küche vom "Waldheim" zu backen und rollt den nächsten Teig für den Tortenboden aus. "An Sommerwochenenden gingen schon mal 20 Torten weg", sagt sie stolz und deutet auf den großen Außenbereich des Gasthauses, der jetzt im Winter aber geschlossen ist.
An guten Wochenenden gehen 20 Torten weg
Unterstützt wird Gesa von der dritten im Bunde, ihrer Schwester Bente, die gerade Kräutertee für die Gäste zubereitet. Unter der Woche arbeitet Bente halbtags an einer Schule. Jetzt steht sie an Wochenenden in der Küche und hinter dem Tresen des 125 Jahre alten Gasthofes. "Es geht ja auch immer mehr verloren auf den Dörfern, und es ist doch toll, wenn man etwas weiterführen kann", sagt sie und trägt den Tee an einen der Tische. Kulturelle Angebote stehen im "Waldheim" im Fokus. Es soll eine Begegnungsstätte sein, so der Plan der drei, die gemeinsam eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) gegründet haben.
Kunst bei Kaffee und Kuchen
Vor 30 Jahren fanden an gleicher Stelle sogar Musikfestivals statt. Heute ist ein besonderer Tag im "Waldheim", denn zum ersten Mal veranstalten die drei Gastronominnen eine Vernissage. An den Wänden hängen Bilder der Drelsdorfer Künstlerin Inke Dankleffsen. Sie ist froh, dass sie hier ausstellen kann. "Man hat ja nicht so viele Möglichkeiten, und wenn dann die Leute hier leckeren Kaffee trinken und Torte essen und nebenbei die Bilder sehen, also ich fühle mich geehrt!", sagt die Künstlerin.
"Reich werden wollen wir nicht." Gesa Petersen, Betreiberin
Es ist voll an diesem Mittag. Zur Vernissage gibt es kostenlos Schnittchen und Sekt. Die drei Gaststättenbetreiberinnen wollen vor allem das soziale Leben der Region bereichern, und natürlich auch etwas verdienen, sagen sie. Es reiche aber, "wenn schon ein bisschen hängen bleibt", sagt Gesa hoffnungsvoll, reich werden müsse sie damit nicht. Die Pacht für das "Waldheim" läuft fünf Jahre.
Gasthof ist 125 Jahre alt
Das Haus wurde vor 125 Jahren gebaut und war damals eine Unterkunft für Waldarbeiter. 1921 wurde das Gebäude dann erweitert und als Gaststätte genutzt. Erst 1985 gab es hier Strom. Eigentümer ist die Forstgenossenschaft Bohmstedt. "Wir sind sehr froh, dass das Haus wieder lebt. Denn nichts ist schlimmer, als ein Haus mitten im Wald, das nicht bewohnt ist", sagt Frerk Jensen von der Forstgenossenschaft, die das Haus verpachtet. 2022 wurde der rund 100 Hektar große Bohmstedter Forst, in dem der Gasthof liegt, von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald sogar zum Wald des Jahres gewählt. Viele Spaziergänger kommen regelmäßig hierher.
Viele Herausforderungen warten
Die letzten Pächter hatten aufgrund von Personalmangels Ende 2023 aufgegeben, seitdem stand das "Waldheim" leer. Im April 2024 haben Gesa, Romy und Bente es dann wieder eröffnet und haben schon jetzt reichlich Erfahrung in der Gastronomie gemacht, sagen sie. "Ich habe unterschätzt, und da ziehe ich den Hut vor der Gastronomie, wie viele Stunden am Stück man plötzlich einfach in der Küche steht", sagt Bente und gießt einen Kräutertee auf. Für Romy ist gerade die Buchhaltung, der Umgang mit Personal und auch die Bestellung der Ware eine Herausforderung.
Die Hürden haben sie aber im Laufe der Anfangszeit gemeistert, sagt sie und bringt ein Tablett mit Kaffee an einen der Tische, wo sich heute zehn Frauen von "Omas gegen Rechts" treffen. Rund 60 Plätze bietet die Gaststätte innen, dazu gibt es noch einen Außenbereich, der aber im Winter geschlossen ist. Warmes Essen bieten die Gastronominnen nur an besonderen Tagen, wenn ein Koch im Haus ist. Butterbrote, Kaffee und Kuchen sind derzeit das Hauptgeschäft, sagen sie.
"Das Waldheim soll kulturelle Begegnungsstätte sein." Romy Arndt, Gasthofbetreiberin
Einmal pro Monat hat das "Waldheim" auch Donnerstagabend geöffnet. Dann gibt es den "Kneipenabend" mit DJ bis 0 Uhr. Bisher sei der Zuspruch gut, sagt Romy Arndt. "Die Gäste, die kommen, sind froh, dass das Waldheim wieder mit Leben gefüllt wird", ist sie sich sicher. In der Region gibt es nicht mehr viele solcher Gaststätten, so eine Besucherin. "In Viöl, wo ich herkomme, gibt es keine Gaststätte mehr, das ist ein Zentralort, das ist doch absolut traurig", ergänzt Margit Jensen die zur Vernissage gekommen ist.
Immer weniger Gasthöfe in der Region
Romy bringt kleine Häppchen an den Tisch und geht danach zurück in die Küche, um beim Backen der nächsten Kuchen zu helfen. Die drei Betreiberinnen freuen sich schon auf den Sommer, dann können die Gäste nämlich auch den schönen Außenbereich sehen, sagt Gesa Petersen und blickt durch das Küchenfenster auf die große Wiese hinter dem Hof. "Es ist hier einfach ein schöner Platz", sagt sie und schiebt eine neue Torte in den Ofen.