Landwirt aus Lüssow als "Ackerbauer des Jahres" nominiert
Die Finalisten für den Ceres Award stehen fest. In Berlin werden am 24. Oktober Landwirte in unterschiedlichen Kategorien ausgezeichnet. Unter den Nominierten sind zwei Landwirte aus Mecklenburg-Vorpommern: der Geflügelhalter Johannes Bexten aus Strasburg und Mathias Zeitke aus Lüssow.
Mathias Zeitke steht mitten in seinem grünen Weizenfeld, obwohl der Boden trocken und fest zu sein scheint. Doch das täuscht. Der 40-Jährige grubbert und pflügt nicht, er hat sich für die Direktsaatmethode entschieden. Dabei schneidet eine spezielle Maschine nur die obere Bodenschicht auf, das Korn wird in die Erde gelegt und die danach gleich wieder zugedrückt. "Wir versuchen die Natur zu imitieren, damit die Regenwürmer ihre Häuser behalten können und die Bodenbakterien und Bodenpilze, die kein Licht brauchen, dass die unten bleiben und die Laufkäfer, Spinnen, Kellerasseln und Mikroben, oben bleiben, weil die brauchen Licht und Sonnenschein.“
Den Boden so zu bearbeiten, also die Schichten nicht zu durchmischen, hat noch einen weiteren Effekt: Das Regenwasser versickert sekundenschnell und klares Grundwasser kann sich besser bilden.
Ammonium statt Nitrat
Zudem düngt Mathias Zeitke seine Ackerflächen anders und weniger, er verwendet keine Nitrate. "Über uns in der Atmosphäre haben wir den ganzen Stickstoff für unsere Pflanzen. Den kann man mit Kunstdünger auf die Felder schmeißen. Aber wir düngen anders im CULTAN-Verfahren. Somit kann auch kein Nitrat ausgewaschen werden und das Grundwasser verunreinigen."
Bei dieser bundesweit noch selten angewandten Methode werden die Ackerpflanzen wurzelbetont mit einem Ammonium- Flüssigdünger genährt. Die Buchstaben CULTAN stehen für die Abkürzung "Controlled Uptake Long Term Ammonium Nutrition", das übersetzt "Kontrollierte Langzeitammoniumernährung" bedeutet. Dieses Verfahren wurde in den 1960er Jahren vom Bonner Agrarwissenschaftler Karl Sommer entwickelt.
Insektizide sind tabu
Mathias Zeitke verzichtet seit 3 Jahren komplett auf Insektizide, etwa gegen den Rapserdfloh oder gegen Läuse im Weizen. Er erzählt von seinem "Aha-Erlebnis" - warum er Schädlinge nicht mehr mit solchen Mitteln bekämpft: "Ich habe einmal gegen Läuse gespritzt und dann habe ich in der Fahrgasse ganz viele Florfliegen, Marienkäfer, Schwebfliegen und Spinnen gesehen. Da habe ich mir die Frage gestellt: Waren es die paar Blattläuse wert, dass wir jetzt alles auf die Seite gelegt haben?" Er setzt zudem auf blattaktive Herbizide und verwendet Fungizide nur, wenn seine Ackerpflanzen krank sind. Mathias Zeitke ist davon überzeugt, dass Fungizide auch die guten Bodenpilze abtöten, die für eine gute Bodenqualität benötigt werden. In dem ganzheitlichen System der Regenerativen Landwirtschaft scheint es möglich zu sein, auf die Insektizide zu verzichten.
Regenerative Landwirtschaft
All diese Aspekte gehören zur Regenerativen Landwirtschaft. 15 Jahre hat Mathias Zeitke auf einer Farm in Kanada gelebt, die den Boden schon lange auf diese Weise erfolgreich bearbeitet. "Der Landwirt dort hat immer gut geerntet, obwohl da fast kein Regen war. Auch bei uns wird es weniger mit dem Wasser, Stichwort Frühjahrstrockenheit. Und deshalb war für mich klar: wenn Landwirtschaft, dann nur so.“ In Deutschland wenden bislang nur wenige Bauern die Regenerative Landwirtschaft an.
Neue Ausrichtung nach Hofübernahme
2018 hat Mathias Zeitke den Familienbetrieb in Lüssow übernommen. Er bewirtschaftet 500 Hektar Ackerfläche, baut unter anderem Erbsen und Mais als Futter für Nachbarbetriebe an, Raps für die Ölmühle in Rostock und Braugerste für eine Hamburger Mälzerei.
Studierende fühlen sich inspiriert
Mittlerweile werden Forschungseinrichtungen im Agrarbereich, Universitäten und Hochschulen auf den Landwirt aufmerksam. Studierende, etwa aus Neubrandenburg, Kiel oder Soest suchen in Lüssow nach Forschungsansätzen oder Ideen für ihre Bachelorarbeit. Ein Neubrandenburger Student untersucht gerade auf den Feldern die Wasserhalte- und Leitfähigkeit vom Boden im Vergleich zu konventionell bewirtschafteten Böden, die gepflügt und gegrubbert werden.
Stolz auf Nominierung
Nun könnte der 40-Jährige den Ceres Award in der Kategorie "Ackerbauer des Jahres" gewinnen. Der Preis wird am 24. Oktober 2023 in Berlin vergeben. Ob Mathias Zeitke die begehrte Trophäe gewinnen wird, ist offen, auch wer ihn nominiert hat. "Ich fühle mich geschmeichelt, weil viele sagen, was macht der Bengel da mit seinem kanadischen Kram? Für mich ist das der größte Antrieb, den Leuten zu zeigen, Direktsaat funktioniert. Wir haben Super-Erträge hier.“ Und so hofft der gelernte Landwirt, dass er auch andere Berufskollegen von diesem Ansatz überzeugen kann.