Facebook: Freundlich aber verschlossen
Facebook verdient mit der Offenheit seiner Nutzer Geld verdient, lässt in eigener Sache Neugierige konsequent abblitzen, derzeit vor allem beim Umgang mit Hass-Kommentaren.
"Am Ende wurde viel geredet, aber es wurde nichts gesagt", berichtet etwa Deutschlandradio-Korrespondent Axel Schröder im ZAPP-Interview. Er hatte sich von einem sogenannten Hintergrundgespräch, zu dem Facebook immerhin selbst eingeladen hatte, Transparenz erhofft. Doch wie viele Menschen für Facebook genau die Einträge von Hetzern prüfen, die Nutzer melden, hält Facebook unter Verschluss.
Journalisten sind enttäuscht
Auch andere Journalisten wundern sich über Facebooks Kommunikations-Politik. Besonders frustriert hat der US-Konzern Journalisten mit einer eigentlich edlen Geste: Facebook hat ein knappes Dutzend deutsche Technologie-Reporter in die - sonst weitgehend abgeschottete - Europazentrale nach Dublin geladen. "Auf die interessanten Fragen wurden dann doch die Antworten gegeben, die auch im Vorfeld bekannt waren“, sagt Simon Hurtz von der "Süddeutschen Zeitung". Er selbst glaubt zwar, nach der Reise grundsätzlich besser zu verstehen, wie Facebook "tickt". Doch einen Blick über die Schulter der "Löschtrupps" von Facebook blieb tabu.
Die große Frage ist: Warum verhält sich Facebook so? Immerhin schürt Facebook mit seinem Verhalten unter Journalisten zunehmend Misstrauen. SZ-Korrespondent Hurtz vermutet nach seinem Kontakt zu den PR-Mitarbeitern: Die deutschen Mitarbeiter von Facebook würden gerne einen besseren Blick hinter die Kulissen ermöglichen und Fakten liefern - sie dürfen aber nicht. So bleibt auch die jüngste Entwicklung - Facebook beschäftige über einen Dienstleister nun auch in Deutschland mehr als hundert Hass-Prüfer - ziemlich vage.
Andere Themen als in den USA
Der Münchner PR-Experte Christoph Schwartz, der in den vergangenen Jahren mit Amazon und Airbnb hierzulande ähnliche Unternehmen betreut hat, führt die zurückhaltende Kommunikation von US-Unternehmen im ZAPP-Interview auf die unterschiedliche Sensibilität zurück. "Es gab ja genug Geschichten in den vergangenen Jahren, wo Themen hochgekommen sind, die in US-Märkten einfach nicht thematisiert worden sind. Und damit tun sie sich dann schwer", sagt Schwartz.
Facebook könnte Negativ-Schlagzielen wie "Das asoziale Netzwerk" eigentlich einfach abwenden, meint der PR-Berater. "Wenn ich offen kommuniziere, wenn ich erkläre und zeige, dass ich mich auch falsch verhalten habe in der Vergangenheit - das wird honoriert", sagt Schwarz. "Wenn ich diese Offenheit habe und auf die Befindlichkeiten auch mit einer Ernsthaftigkeit eingehe, dann glaube ich, würde Facebook auch damit kein großes Problem mehr haben."
Update 05.02.2016:
In einer Pressemitteilung hat das Netzwerk "Laut gegen Nazis" (LGN) mittlerweile auf die Berichterstattung reagiert:
Auf unserer Pressekonferenz am 28. Januar 2016 kam es weder zum Eklat noch zum Streit zwischen Smudo und der Policy-Beauftragten von Facebook Deutschland, Eva-Maria Kirschsieper. In der Fragerunde nach einer sehr gelungenen Pressekonferenz zu unserer Counter Speech Tournee nutzten Journalisten die Gelegenheit und befragten Eva-Maria Kirschsieper nicht etwa zu unserem gemeinsamen Projekt, sondern zu ausschließlich Facebook-relevanten Themen. Im Internet sehen wir heute Headlines wie "Smudo treibt Facebook Sprecherin in die Enge" und andere reißerische Headlines, die in keiner Weise das Geschehen der Pressekonferenz wiedergeben.
Man pflege "seit fünf Jahren eine gute und konstruktive Zusammenarbeit mit Facebook Deutschland", heißt es in der Mitteilung wieter. Zu fragen wäre allerdings, wie man es denn nennen soll, wenn ein Podiums-Teilnehmer zu einer anderen Teilnehmerin sagt: "Sie laufen hier gerade herum wie eine Kakerlake, wenn das Licht angeht." Und wenn LGN so erfolgreich mit Facebook zusammenarbeitet: Warum gibt es dann so viel Hass auf Facebook und was unternimmt das Unternehmen dagegen? Um eben diese Frage ging es den Journalisten auf der Pressekonferenz.