Quote - viel diskutiert, viel kritisiert
Umstritten: Sinn und Unsinn der Quote
Kinder, Tiere, nackte Haut. Wenn die über den Bildschirm flimmern, schauen wir gerne zu. Auch, wenn wir es nicht eingestehen wollen, die Einschaltquote verrät es. Und womöglich ist das auch ein Grund, warum Wissenschaftssendungen wie "Galileo" (Pro7) die Unterwäsche-Präferenzen der Deutschen ausloten - mit Models, die die Wäsche vorführen. Oder Sendungen rund um niedliche Tiere und deren Vermittlung fester Bestandteil vieler öffentlich-rechtlicher ("Pfote sucht Körbchen", NDR) und privater Sender ("hundkatzemaus", VOX) sind. Die hohe Einschaltquote - und mittlerweile auch die hohe Klickzahl - bleibt wichtig. Für die privaten Sender, weil sie bestimmt, wie viel diese für Werbezeiten verlangen können.
Doch auch die öffentlich-rechtlichen Sender werten ihre Zuschauerzahlen genauestens aus - obwohl sie, anders als die privaten, finanziell nicht von ihnen abhängig sind. "Das Programm soll die Beitragszahler auch in großer Zahl erreichen", erläutert ZDF-Programmplaner i.R. Martin Berthoud. Allerdings solle sie nicht als alleiniger Gradmesser für Erfolg gelten: "Man sollte immer auch die Formate angucken. Was wird erzählt, wie ist es gemacht?"
Im Wandel: Wie Quote heute erhoben wird
Seit 1963 kann der Zuschauer auswählen, was er schaut: in diesem Jahr erschien der erste Wettbewerber der ARD - das ZDF - auf dem Bildschirm. Und damit begann auch die Quotenmessung. Wirklich relevant wurde sie, nachdem in den 1980er-Jahren die ersten Privatsender starteten. In Deutschland misst die Gesellschaft für Konsumforschung, kurz Gfk, die Quoten. Dafür wählt die GfK repräsentativ Haushalte aus, die ein sogenanntes Panel mit einem Quotenmessgerät bilden. Jeder Zuschauer registriert sich dann mittels einer Fernbedienung im Panel und meldet sich nach dem Zuschauen wieder ab. Deutschlandweit gehören rund 5.400 Haushalte mit insgesamt 11.000 Haushaltsmitgliedern zum Gfk-Panel.
Erst seit 2017 wird zusätzlich das Online-Publikum gemessen. Nicht von der GfK, sondern von der amerikanischen Firma Nielsen. Die nutzt ein Online-Panel mit monatlich 15.000 Teilnehmern sowie ein Mobil-Panel mit 6.000 Teilnehmern. Deren Klicks werden erfasst und mit Zusatzinformationen, etwa über Alter und Einkommen, übermittelt. So fließen auch die mobile und digitale Nutzung in die Einschaltquote. In absoluten Zahlen macht diese meist nur ein Bruchteil der Zuschauer aus. Während die Fernsehquote in absoluten Zahlen aber abnimmt, steigt die digitale Nutzung fortwährend. Für die Sender bedeutet das: um zukunftsfähig zu sein, müssen sie sich auch digital positionieren.
Herausfordernd: Wie man neues Publikum gewinnt
Deswegen bieten etwa Sendungen wie die "SOKO Leipzig" (ZDF) immer mehr Inhalte im Netz an. Darum kümmert sich eine eigene Produktionsfirma, die UFA Fiction in Leipzig. "In erster Linie bedienen wir Facebook, Instagram und YouTube und die Inhalte sind auch spezifisch darauf abgestimmt, beispielsweise behind the scenes, making ofs", erzählt Toni Heye vom Social Media Team. Auf Facebook werden etwa regelmäßig Fotos von den Dreharbeiten gepostet. Im Mai wurde wortreich ein Schauspieler verabschiedet, der die Serie nun verlässt - inklusive Aufforderung an die Nutzer, ihm auch eine Nachricht zu hinterlassen. Außerdem blicken die Programmacher auch auf die digitalen Formate anderer: erst im Junar trat der 19-jährige Lukas Alexander von Horbatschewsky als Gaststar in einer "SOKO Leipzig" Folge auf. Eigentlich aus der Funk-Serie "Druck" bekannt, soll er bei der "SOKO" jüngeres Publikum ansprechen.
Undurchsichtig: Wie echt sind Klicks?
Der Umstieg in die digitale Welt hat allerdings seine Tücken. Nicht nur müssen Programmplaner*Innen lernen, was im Netz funktioniert, denn Babyfotos, Katzenvideos und nackte Haut gibt es hier zu genüge. Klickzahlen sind zusätzlich manipulationsanfällig; auf einschlägigen Websites lassen sich diese einfach kaufen. Nur bei genauerer Datenauswertung wird klar, dass keine echten Nutzer geklickt haben. Für Laien bleibt der Betrug unsichtbar. Anders als beim Gfk-Panel gibt es außerdem kaum Daten darüber, wie viele Zuschauer etwa vor einem Streaming-Angebot sitzen - und ob wirklich zugeschaut wird.
Beängstigend: Quotenforschung der Zukunft
In den USA werden daher neue Formen der Quotenmessung erforscht. Formen, die auf die meisten Zuschauer und Nutzer in Deutschland wohl eher abschreckend wirken: "Etwa Kameras, die unsere gemessenen Daten erweitern. Man sieht nicht nur, ob die Augen dem großen Bildschirm folgen oder auf dem Smartphone sind, sondern auch Emotionen", so Brian Fuhrer, Datenspezialist bei Nielsen.
Ob diese Messung jemals tatsächlich jemals zur Anwendung kommt, ist Zukunftsmusik. Denn entscheidend dürfte dieses Detail sein: "Die Teilnehmer", erklärt Fuhrer, "müssen damit einverstanden sein." Doch denen ist die Quote wohl weitaus weniger wichtig, als denen, die das Programm verantworten.